Ich will Ihre Pralinen nicht, Herr Matthies

Es ist schon eigenartig, wenn dem radikalen Islam vorgeworfen wird, dass die Aufklärung dort nicht angekommen sei. Dabei gibt es auch in der Christenheit eine nicht gerade kleine Fraktion, die bevorzugt ahistorisch und unkritisch die Bibel interpretiert und gern aus dieser doch etwas schlichten voraufklärerischen Sicht fundamentale Ansprüche formuliert. Als bevorzugtes Ziel werden die eigenen Bischöfe attackiert, seien sie evangelisch oder katholisch.

Es ist eine einzigartige Konstellation, denn angeblich sind die christlichen Fundamentalisten nicht politisch (sie warten hier ja nur auf das künftige Gottesreich), hegen aber jede Menge Ressentiments gegenüber dem Staat und der etablierten Politik. “Man muss das doch wohl sagen dürfen”, dass Gott auch nur ein Volk erwählt hat und eben dabei auch ein paar Ägypter ertrinken mussten. Oder dass in Bezug auf den Wohlstand in Europa, es doch der Segen ist, der auf unserer Hände Arbeit ruht und nicht auf der Arbeit von irgendwelchen Wirtschaftsflüchtlingen. Die AfD bekommt plötzlich Zulauf bei den Evangelikalen, denn angeblich nimmt sie endlich jemand ernst, ihre Agenda gegen Überfremdung, Bildung, Wissenschaft, Genderisierung, Abtreibung, Sterbehilfe, und was auch immer.

Das alles kommt offensichtlich auch Helmut Matthies recht gelegen, dem Leiter der Evangelischen Nachrichtenagentur idea, einschlägig bekannt als Gerhard-Löwenthal-Preis Träger. Seit Wochen betreibt idea nun schon eine Kampagne “Muss die Bundesregierung ihre Flüchtlingspolitik ändern?”, “Asylpaket 2 ist verfassungswidrig”, “Deutschland sollte sein Grenzen schliessen”, “Ist die AfD für Christen wählbar?”, meist als Newsfeed oder “Pro / Contra” getarnt. Und vor zwei Wochen schwadroniert Matthies dann über das Verhältnis von Kirche und Politik und tischt seine Erlebnisse am Buffet in Tutzing auf. Er kritisiert Bedford-Strom dafür, dass er in einer evangelischen Akademie über Flüchtlingspolitik redet. Zitat “Wenn die Kirche unbedingt meint, in einer Demokratie mit zahlreichen Parteien auch noch viel über Politik reden zu müssen, dann sollte sie es nicht einseitig tun”. Das leitet für ihn direkt über zu der “Symbolfigur der Opposition in der Flüchtlingsfrage, Frauke Petry”, für die er im Namen der konservative Christen den Anspruch auf Menschenwürde einfordert.

Mal abgesehen, dass weder Marx noch Bedford-Strom Frau Petry die Menschenwürde abgesprochen haben, ist das eine plumpe Aufwertung einer reaktionären und zutiefst unchristlichen Bewegung, die hier salonfähig gemacht wird – unter dem Deckmantel einer ach so unpolitischen “evangelischen” Nachrichtenagentur. Vielleicht sollte sich Herr Mathies lieber mit dem erfolgreichen Pfarrer Petry statt seiner wirtschaftlich gescheiterten Ehefrau unterhalten. Vielleicht würde es helfen, mal einige der AfD Wutbürger vor Ort zu treffen, ersatzweise bieten sich auch Youtube Videos an. Es schwer zu verstehen, dass alle Aussagen der Bibel zu Flüchtlingen und Fremdlingen so sehr an dem “Leiter der Evangelischen Nachrichtenagentur idea” vorbei gegangen ist. Oder was sonst die AfD sonst so von sich gibt. Gauland, er heisst tatsächlich so und ist mittlerweile AfD-Vize

… bekräftigte die Ablehnung der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung und kritisierte die Haltung der Kirchen dazu: “Wenn diese Flüchtlingspolitik das Programm der Kirchen ist – dann gebe ich offen zu: Ich bekämpfe das Programm der Kirchen.” Die AfD sei keine christliche Partei – “wir sind eine deutsche Partei, die sich bemüht, deutsche Interessen wahrzunehmen”, sagte Gauland.

Herr Matthies, vielleicht haben Sie sich mit ihrem Kommentar einfach nur vergriffen? Ich vermute allerdings, das ist ihr eigentliches Glaubensbekenntnis. Sie haben während der Podiumsdiskussion gesagt, Sie schicken “demjenigen einen Kasten Pralinen, der Ihnen einen Idea-Artikel vorlegt, der rechte Inhalte hat.” Spätestens jetzt könnte ich sie einfordern. Ich will sie aber nicht, Ihre braunen Pralinen. Dafür würde ich aber gerne vorschlagen, daß Sie keine Zuschüsse von der EKD mehr beantragen und “idea” am besten auch gleich in „AfD Pressedienst“ umbenennen.

PS: Mehr zu dem Thema Rechtsextremismus und Kirche auf evangelisch.de und bagkr.de. Oder im Matthäusevangelium die Endzeitrede auf dem Ölberg.

PS. Die beste Nachricht dazu kommt am 16 November 2017 Idea wird endlich der EKD Zuschuss gestrichen. Das ist kein Anschlag auf die Pressefreiheit Herr Hahne, sondern lediglich ein Zeichen der Glaubwürdigkeit aber auch der Handlungsfähigkeit der EKD.