Ein Besuch in Auschwitz

Und hier stehen wir, gefangen und eingesperrt in ein Paradox: Wenn solche schrecklichen Dinge geschehen, wie können wir an Gott glauben? Aber wenn wir nicht an Ihn glauben als den Maßstab, der unsere menschlichen, bestialischen, animalischen Neigungen übersteigt und von uns verlangt, mehr zu sein als wir sein möchten, warum protestieren wir so sehr? Wir lehnen uns auf, weil wir wissen, dass wir mehr sind als das, als was wir uns sehen, dass wir ständig danach streben müssen, mehr zu sein als wir sind, dass die menschliche Geschichte nicht weitergehen darf wie bisher. (Eugene Borowitz: Facing Up to It, S.16).

Selektion an der Rampe. Historisches Foto am Originalschauplatz, Auschwitz II Birkenau 2017.
Birkenwald hinter Stacheldraht. Nordostgrenze Auschwitz II Birkenau 2017.
Stacheldrahtzäune. Auschwitz I Stammlager 2017.
Arbeit macht nicht frei. Eingang KL Auschwitz 2017.
Geöffnete Cyclon B Dosen. Tesch & Stabenow war ein branchenführendes Unternehmen bei der Schädlingsbekämpfung. Es belieferte das Lager mit dem Schädlingsbekämpfungsmittel Zyklon B, das zur massenhaften Tötung von Menschen ab Ende 1941 im Stammlager eingesetzt wurde. Auschwitz 2017.

 

 

Wir lehnen uns auf sagt Borowitz, eigentlich im Rückgriff auf Kant

Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt: Der bestirnte Himmel über mir, und das moralische Gesetz in mir (Immanuel Kant, Kritik der praktischen Vernunft, Kap. 34)

mit einer Argumentation die auch Rabbi Schneerson vertritt

Der Holocaust hat entschieden jeden möglichen Glauben an eine nur auf den Menschen gegründete Moral widerlegt. Im Vorkriegs-Europa war es das deutsche Volk, das Kultur, wissenschaftlichen Fortschritt und philosophische Moral verkörperte. Und dieses selbe Volk verübte die schlimmsten bekannten Gräueltaten der menschlichen Geschichte! Spätestens der Holocaust hat uns gelehrt, dass eine moralische und zivilisierte Existenz nur möglich ist durch den Glauben an eine göttliche Macht. Unsere Empörung, unsere unablässige Infragestellung Gottes wegen der Ereignisse – dies ist selbst ein starkes Zeugnis für unseren Glauben und unser Vertrauen in seine Güte. Denn wenn wir nicht in unserem Innersten diesen Glauben besitzen würden, worüber sollten wir uns dann empören? Über das blinde Wirken des Schicksals? Die zufällige Anordnung von Quarks, aus denen das Universum besteht? Nur weil wir an Gott glauben, nur weil wir überzeugt sind, das es Richtig und Falsch gibt, und daß das Richtige am Ende triumphieren muss und wird, nur deswegen rufen wir wie Moses: ‚Warum, mein Gott, hast du deinem Volk Böses getan? (Menachem Mendel Schneerson www.chabad.org/library)

Oder um es mit Job zu sagen (Barth/Gollwitzer oder besser noch Türcke): Jahwe und der Teufel sitzen gemeinsam im Himmelssaal, das Leiden umsonst, vergeblich, zu nichts gut, und unverschuldet obendrein.