Kriterien nachhaltiger Wissenschaft

Im letzten CCC Vortrag über Deep Learning war auch ein interessantes Slide zu sehen, das wissenschaftliche Nachhaltigkeit auf sechs Kriterien basiert

  • Relevanz
  • Wiederholbarkeit/Replikation
  • Wiederverwendbarkeit/Ressourcenteilung
  • Konkurrenzfähigkeit
  • Systematik
  • Aussagekraft

Das Thema nachhaltige Wissenschaft scheint mehr aus dem Bereich Klima und Umwelt zu stammen, geht aber weit darüber hinaus vor allem wenn sich die Nachhaltigkeit auf die Wissenschaft selbst bezieht, Wissenschaft also gleichzeitig Subjekt und Objekt ist.

Nachhaltigkeitswissenschaft (englisch sustainability science) ist eine neue angewandte Wissenschaft, die sich mit der Theorie, Forschung und Umsetzung von Nachhaltigkeit, nachhaltiger Entwicklung und Nachhaltigkeitsstrategien auf lokaler, regionaler, nationaler und globaler Ebene und in Praxisfeldern (betriebliches Nachhaltigkeitsmanagement, Bildung etc.) beschäftigt.

Schneidewind zumindest plädierte für mehr “sustainable science”. Oder in einer früheren Rezension

Weder in den Großforschungseinrichtungen und Forschungsgemeinschaften noch in den Universitäten würden die Potentiale für nachhaltigkeitsorientierte Forschung tatsächlich aktiviert. Im Zuge der Exzellenzinitiative komme es in Hochschulen und Forschungsinstituten zu einer weiteren Marginalisierung transdisziplinärer Forschung. Das Forschungskapitel sucht in der internationalen Forschungslandschaft nach beispielhaften Arrangements transdisziplinärer Forschung und findet sie in Schweden, England, in Österreich und der Schweiz sowie in den Niederlanden.

Zu dem Thema Nachhaltigkeit in der Wissenschaft gab es alelrdings auch in Deutschland einige Aktivität, so etwa die ­(SISI) Initiative 2012 des BMBF, mit Symposien und diversen Publikationen. In der Tat gibt es 8 ähnlich gelagerte SISI Kriterien auf S.9 in dem “Reflexionsrahmen für Forschen in gesellschaftlicher Verantwortung” des LENA Projektes.

Quelle 2.2.2019 https://www.fona.de/medien/pdf/Reflexionsrahmen_DRUCK_2016_09_26_FINAL.pdf

Auch das zweite LENA Dokument “Nachhaltigkeitsmanagement in außeruniversitären Forschungsorganisationen” hat hier einen Focus

Um Nachhaltigkeit im Sinne einer Übernahme von gesellschaftlicher Verantwortung in die Forschung zu integrieren, wurden drei Handlungsfelder definiert, die sich gegenseitig ergänzen: Während eine Kultur der wissenschaftlichen Integrität zur Umsetzung der guten wissenschaftlichen Praxis die Grundlage bildet, geht „Forschen in gesellschaftlicher Verantwortung“ darüber hinaus und zielt auf die systematische Reflexion gesellschaftlicher Verantwortung im Forschungsprozess ab. Damit wird der Forschungsprozess, also das „Wie“ der Forschung charakterisiert. Im Handlungsfeld „Lösungsbeiträge zu gesellschaftlichen Herausforderungen“ geht es schließlich um das „Was“ der Forschung, d.h. um thematisch ausgerichtete Lösungsbeiträge der Wissenschaft.

Und nicht zuletzt gab es die Leopoldina Stellungnahme “Nachhaltigkeit in der Wissenschaft”.  Hans Joachim Schellnhuber führte hier eine Version des Quadranten ein, die ich bis jetzt nur als Eisenhower Prinzip wichtig/unwichtig, dringend/nicht dringend kannte.

Leopoldina Stellungnahme Band 117 | Nummer 398 “Nachhaltigkeit in der Wissenschaft”, S.45

Die Kriterien sind hier also Verwendbarkeit bzw Nützlichkeit bzw Relevanz); aber auch das tiefere Verständnis an sich bzw der Erklärungswert bzw Systematik der Wissenschaft mit dem wir gestartet sind.

Ob Nachhaltigkeit im Sinn von Beständigkeit eine brauchbare regulative Idee für die wissenschaftliche Forschung ist, bleibt allerdings nach Mayer und Biesenbender (S.79) fraglich, denn die

Forderungen Poppers stehen aber geradezu diametral gegen die Nachhaltigkeit. Denn: Das Ziel von Nachhaltigkeit darf nicht dazu führen, dass Verfahren und Erkenntnisse gegen Kritik immunisiert werden. Das Streben nach Nachhaltigkeit darf also nicht bedeuten, dass einmal gewonnenes Wissen in Stein gemeißelt wird.