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Wenn Kirchen vorübergehend schliessen müssen

Es passierte nur einmal vor 100 Jahren, dass die Kirchen vorübergehend wegen einer Pandemie schliessen mussten.

Dabei geht es eigentlich nicht um Kirchenschliessungen – Gotteshäuser kann man offen lassen – es geht um Veranstaltungen und Gottesdienste, bei der Menschen die Infektion weitergeben können.

Schulen und Kitas in Bayern sind diese Woche geschlossen worden. Auch der Kirchenvorstand meiner evangelischen Gemeinde setzte letzte Woche alle Veranstaltungen aus, ebenso die katholische Kirche im Ort, nachdem das Erzbistum München Freising in der letzten Woche alle Gottesdienste zentral abgesagt hat.

Nur die evangelischen Dekanate bis hinauf zum Landesbischof und EKD Vorsitzendenden tun sich schwer mit dieser einfachen Entscheidung. Der Regionalbischof schreibt mir zwar, sie würden die Sorgen der Menschen ernst nehmen, aber die Empfehlung, die dann anschliessend an die Gemeinden verschickt wird, widerspricht nicht nur jeder Empfehlung sondern auch dem gesunden Menschenverstand: “Wir empfehlen, wie bisher Gottesdienste anzubieten und dabei auf größeren Sitzabstand zu achten; gegebenenfalls auch eine Beschränkung der Teilnehmendenzahl”.

Der Landesbischof verteilt dazu Durchhalteparolen auf Twitter, ekd.de und eine Kanzelabkündigung “Gott hat uns nicht gegeben ein Geist der Furcht”.

Mein Einwand, auch in Korea wurde die Infektion primär über eine Kirche verbreitet wird von @EKD auf Twitter geblockt… Dabei habe ich nicht einmal gesagt, daß Bedford-Strom auf dem Tempelberg besser etwas weniger, dafür jetzt aber etwas mehr Furcht gezeigt hätte.

In dem Zusammenhang auch noch Niebuhr zitieren  als Beleg für Gelassenheit, Mut und Weisheit, ist auch etwas geschichtsvergessen. Reinhold Niebuhr war 1918 Pfarrer in Detroit / Michigan als die spanische Grippe wütete. Er schreibt in Faith and history, Scribners 1949 auf S.199 ff

This negative attitude toward the structures and institutions of social and political life is integral to a wide tendency in Christian thought … An individualistic and pietistic version of the Christian faith obscures the moral and social meaning of human existence and evades man’s responsibility for achieving a tolerable accord with his neighbors … If Lutheranism gives a classical expression of the error in Christian thought, derived from the fact that the individual transcends every social structure and community and is therefore tempted to regard its moral ambiguities as proof of the unredeemable character of man’s social existence, both Catholicism and Calvinism are safe against this error. They have a lively sense of the individual’s responsibility for the whole of his common life.

Die negative Haltung gegenüber sozialen, politischen und wissenschaftlichen Erkenntnissen scheint also doch eine längere protestantischen Tradition zu haben gegen die der Katholizismus nicht ganz so anfällig ist.

Corona Leugner Wodarg: “Bleiben Sie besonnen”
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