Der Bildsprache der Religionen kommt eine zentrale Bedeutung zu, wo die meisten Menschen nicht lesen können. Sehen wird neben dem Hören zu dem Kommunikationskanal. Und nicht umsonst zerstören radikale Reformer als erstes die Bilder.
Es scheint, als ob in der Bildsprache des Christentums ein grösserer Umbruch stattgefunden hat, als bisher angenommen. Das Kreuz wird gemeinhin als Symbol des christlichen Glaubens wahrgenommen. Jesus als Leiche, das Symbol der Christen, zu Recht? frägt Antje Schrupp. Und bei Naidoo hört sich die Frage dann so an: “Wenn Jesus auf dem elektrischen Stuhl gestorben wäre, würden wir uns dann einen elektrischen Stuhl um den Hals binden?” Das könnte man wie Michael Pilz als Naidoos übliche „theologischen, politischen und intellektuellen Kurzschlüsse“ abtun, wenn Schrupp nicht die beiden amerikanischen Theologinnen Rita Nakashima Brock und Rebecca Ann Parke mit ihrem Buch “Saving Paradise. How Christianity Traded Love of This World for Crucifixion and Empire” in das Spiel bringen würde.
Denn vor dem Jahr 1000 waren ganz andere Jesusbilder: Bilder von Jesus als Kind, als Hirte, als Prediger, beim Essen und Trinken, jedenfalls keine qualvollen Hinrichtungsbilder.
(Coimbra, Oktober 2014, Geschäftsauslage)
As we looked at other early church interiors, we saw more clearly how each captured dimensions of paradise. The spaces placed Christ? in a lush visual environment: a cosmos of stars in midnight skies, golden sunlight, sparkling waters teeming with fish, exuberant fauna, and verdant meadows filled with flowers and fruit trees. … Many apse images included exactly four rivers flowing from a lamb, globe, or golden cross. Paradise, we realized, was the dominant image of early Christian sanctuaries.
In der (online verfügbaren) Einleitung zielen sie darauf ab, dass der tote Jesus auch theologisch nicht unbedingt das Kernthema des christlichen Glaubens ist. Als nämlich die Jünger selbst so dachten
und da sie darum bekümmert waren, siehe, da traten zu ihnen zwei Männer mit glänzenden Kleidern. Und sie erschraken und schlugen ihre Angesichter nieder zur Erde. Da sprachen die zu ihnen: Was suchet ihr den Lebendigen bei den Toten? Er ist nicht hier; er ist auferstanden.(Lukas 24,5).
In Ravenna finden Brock und Parker dann auch keine einzige Kreuzesdarstellung.
In the sixth-century St. Apollinare Nuovo Church, at the edge of the old city, we found the earliest surviving life story of Jesus depicted in images. Near the ceiling on both sides of the basilica nave, thirteen rec- tangular mosaics marched from the chancel toward the main door. We examined each of the twenty-six panels closely. On the right wall near the chancel, an image of the Last Supper began the thirteen scenes of his Passion. At panel ten we encountered Simon of Cyrene carrying the cross for Jesus to Golgotha. We expected to see the Crucifixion on panel eleven. Instead, we were confronted by an angel who sat before a tomb.
Und das scheint sich durch die gesamte Kirchengeschichte des ersten Jahrtausend durch zuziehen. Das Kreuz kommt erst mit Anselm von Canterbury in den Vordergrund, dem nun einseitig betonten Sühnetod — im übrigen auch eine Sicht, die unter Theologen umstritten ist.
Hinter der Hervorhebung, nur noch den Gekreuzigten und Auferstandenen kennen zu wollen, geht Jesu Reich-Gottes-Programmatik verloren. Die Reich-Gottes-Botschaft, das zentrale Programm Jesu, wird nicht mehr aufgegriffen. Paulus hat es nicht erkundet; er bezieht sich auf kein einziges Gleichnis Jesu, auch nicht auf jenen zentralen Kern, den wir unter dem Stichwort Bergpredigt kennen.”
Warum das relevant ist? Das Kreuz mit Corpus Christi bringt Kindern schon sehr früh Gewalt und Terror nahe, dass Leiden und Tod Sinn machen.
Die frühe Christenheit hatte wohl die bessere Bildsprache als die Kirche heute.