02.03.2015

Fotografieverbot heißt Redeverbot


Das ist einer der Kernsätze aus dem Plädoyer von  Mario Sixtus (heisst wohl so und ist kein Pseudonym)

Fotografie ist Kommunikation. Jede Regel, jedes Gesetz, das heutzutage Fotografie im öffentlichen Raum betrifft, betrifft unser aller Kommunikationsvermögen. Fotografieverbot heißt somit Kommunikationsverbot  … Nur Juristen freuen sich über solch ein bröseliges Ordnungssystem, das ihnen immerzu neue Einzelfälle beschert, über einen Rahmen, in dem sie allein entscheiden dürfen, was denn nun Kunst ist, wie weit das öffentliche Interesse heute mal gehen darf, welche Intention wahrscheinlich mit einer bestimmten Fotografie verbunden war und wie akzeptabel das Ablichten einer Person genau dann ist, wenn sie drei Zwölftel eines Bildes ausfüllt.

Und natürlich kommunizieren Fotos etwas, da hat Sixtus recht. Nämlich eine Meinung. Sagt auch Artikel 5 Grundgesetz:

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

Das Recht zu (1) nehme ich auf der Strasse in Anspruch. Aber  natürlich habe ich auch schon (2) Fotos gelöscht, weil mich Passanten deswegen angesprochen haben. Warum rechthaberisch sein, und mir Ärger einhandeln von Menschen, die auf Ärger aus sind?

Ich frage fast immer beim Fotografieren, verbal oder non-verbal. Und Löschen ist dann auch manchmal notwendig — wo ich jemand versehentlich bei der Notdurft fotografiert habe; oder ein politischer Asylant hatte Angst, dass damit sein Aufenthaltsort in seinem Heimatland bekannt wird; oder eine Erzieherin will den Aufenthaltsort eines Kindes vor seinen gewalttätigen Eltern verbergen die das Kontaktverbot missachten.

Mein Plädoyer für Strassenfotografie soll auch bitte nicht dahin missverstanden werden, dass ich Strassenfotografen besonders gut finde. Denn da kommt plötzlich so ein Spanner in der S-Bahn auf mich zu und hält mir eine Kamera 1 Meter vor das Gesicht und drückt ab. Das ist keine Strassenfotografie sondern unverschämt. Es geht also hier um “… um guten alten, analogen Anstand”, keine juristischen Haarspalterei.

Und zum Fall Espen Eichhöfer: Wenn es keine Kunst ist, was in einer renommierten Berliner Galerie hängt, was ein anerkannter Fotograf geschaffen hat, was ist denn dann bitte Kunst?
Und Zeitgeschichte ist nicht minder wichtig. Für das Foto des Tages, den Grenzübergang Friedrichstraße 1987  ( “Tränenpalast”) hat der Fotograf damals Verhör und Gefängnis riskiert. Dafür unterstütze ich aber auch Eichhöfer.