Effizienz in der Forschung

Die “Inkubiert” Kolumne von Ralf Neumann im Laborjournal 1/2016, S.8, fasst den Fall zusammen, den der belgische Linguist Jan Blommaert gerade in seinem Blog beschrieben hat.

Demnach machte er richtig Betrieb, als vor Monaten im EU-Rahmenprogramm „Horizon 2020“ ein bestimmtes Projektthema ausgeschrieben wurde. Mit seinem Team betrieb er intensive inhaltliche Vorarbeiten und heuerte europaweit Partner für das geforderte „Internati- onale Konsortium“ an. Logisch, dass für die notwendigen Meetings schnell mal Hunderte von Arbeitsstunden und mehrere Tausend Flugkilometer draufgingen. Ein Mitarbeiter von Blommaerts Team kümmerte sich von da an monatelang quasi hauptamtlich um Koordination, Vorbereitung und die letztliche Realisierung des Antrags. Dazu erhielt er umfassende Hilfe von zwei Leuten aus der Univerwaltung, einem professionellen „Grant Writer“ und einem eigens angestellten Fachmann für EU-Angelegenheiten. Alles produktive Zeit, Aufwand und Geld, die mit höchster Wahrschein- lichkeit völlig umsonst investiert – und damit verschwendet – wurden. Denn eine Woche, nachdem sie den Antrag fix und fertig abgeschickt hat- ten, erhielten Blommaerts und Co. aus Brüssel die Nachricht, dass insgesamt 147 Anträge eingegangen seien, wovon jetzt 2 letztlich bewilligt würden.

Was diese Aktion denn nun wohl gekostet hat? Ich würde für einen voll qualifizierten Antrag 12 Monate rechnen, wenn man Arbeitszeit des Antragsstellers plus Zuarbeiten des Sekretariats und Verwaltung rechnet, also 80.000€. Dazu kommen Fahrtkosten, Honorarkosten für den professionellen Grantwriter und die Übersetzung, freundlich als Pauschale mit 20.000€ angesetzt. Sagen wir 100 der 145 Anträge waren wirklich qualifiziert. Sind wir bei Ausgaben von über 10 Millionen Euro Steuergeldern. Man addiere dazu die Brüsseler Kosten für Verwaltung und Begutachtung , auch nochmal eine Million. Man setze diese 11 Millionen in Beziehung zu den 6 Millionen Euro ausgeschütteten Fördervolumen.

Für jeden Euro dieses europäischen Grants hat die Brüsseler Verwaltung also zwei Euro nationale Forschungsmittel vernichtet. Macht diese BürokratieSinn?

Es stellt sich Neumann zusätzlich die Frage

Und jetzt haben wir noch gar nicht darüber gesprochen, welches Signal eine Ablehnungsquote von 98,7 Prozent am Ende für die Forscher generell bedeutet

Ich würde die Frage gerne erweitern: Wie motivationsfördernd ist das, wenn so etwas immer wieder passiert? Djerassi schrieb nicht von ungefähr (LJ S.68)

My original dream about the supposed freedom of life in academe, especially nowadays, was also naive, because the search for monetary support for one’s research is so tough, time-consuming, and even demeaning that it constitutes a form of control frequently more oppressive than that always assumed to exist in industry.