Alles wird gut?

Brigitta Bernet hat eine exzellente Übersicht über das Positive Denken, die Glücksbewegung, ihre Geschichte, eine Bestandsaufnahme und eine fundierte Kritik.

Noch nie war das Universum so erfüllt von positivem Denken wie heute. Der organisierte Optimismus erreicht uns nicht nur am Kiosk, wo neue Lifestyle-Magazine wie „Happinez“ oder „Flow“ sich für mehr Dankbarkeit und weniger Jammern aussprechen. Auch die Wirtschaft interessiert sich für das Glück. Während die Firmenbelegschaft Coaching- und Motivationskurse besucht, muss das Management in „Positive Leadership“-Seminaren lernen wollen, die Unternehmenskultur auf markttaugliche Selbstbehauptung umzustellen. Im gleichen Mass, wie Stellenabbau, Lohnsenkungen und prekäre Arbeitsverhältnisse um sich greifen, forciert die Unternehmenswelt eine Kultur des Lächelns. Veränderungen bis hin zur Entlassung werden als Chance dargestellt, an der man „wachsen“ kann

Dass die ganze Bewegung etwas tumb ist, versteht sich von von selbst,  da doch die Wirklichkeitsflucht zum Programm erklärt wird. Aber es ist nicht nur die Verwissenschaftlichung des positiven Denkens, das positive Denken selbst greift auch im Wissenschaftsmanagement immer weiter um sich, Programme “nach Massgabe der globalen Marktwirtschaft” zu generieren.

Interessant an dem Essay ist dabei auch der Bezug zu dem New Yorker Pastor Norman Vincent Peale

Seiner Ansicht nach verfügte der Mensch über weit mehr – gottgegebene – Potentiale als die Sozialprogramme des New Deal glauben machen wollten. Und genau diese individuellen Ressourcen wollte sein Christentum stärken. Peale, der den weltlichen Reichtum zum Zeichen göttlicher Segnung hochstilisierte, machte Arme und Unterprivilegierte für ihr Schicksal nicht nur selber verantwortlich, sondern rückte sie im Umkehrschluss gar in den Bereich des Sündigen.

Kein Wunder dass die evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen dies nicht so stehen lässt

Die Bibel unterstreicht auch die Macht positiver Überzeugungen: „Alles ist möglich dem, der glaubt“ (Mk 9,23). Aus kreuzestheologischer Sicht kommt aber dem menschlichen Scheitern ein besonderer Stellenwert zu, sodass jeglicher Triumphalismus in seine Schranken gewiesen wird.  …  christliche Grundvorstellungen von Glaube, Gebet oder Heilung [werden] zu angeblich unwiderstehlichen „Erfolgs“-Methoden verfälscht. Weil die Erfüllung christlicher Hoffnungen unter dem eschatologischen Vorbehalt steht, verbietet sich naiv-magisches Positives Denken … Dass ein Leben voller Zufriedenheit auch angesichts von Einschränkungen und Schwächen möglich ist, liegt nicht im Blickfeld der Ideologie des Positiven Denkens.

Diese eschatologische Ausrichtung -von Moltmann begründet von Pannenberg oder Johann Baptist Metz weiter getragen- begründet Hoffnung, sie braucht nicht nur vorgespielt werden im Sinn des “fake it till you make it”.