Evangelikale und die AfD

Michael Herbst schreibt im Deutschen Pfarrerblatt

Natürlich gibt es die Liaison zwischen dem theologisch Konservativen und dem politisch eher nach rechts neigenden Lager. Für viele Fromme war und ist die Union politische Heimat, ob es die AfD ist oder wird, kann ich noch nicht einschätzen. Liane Bednarz hatte in der FAZ starke Verbindungen zwischen konservativ-katholischen und evangelikalen Christen und der AfD, insbesondere Beatrix von Storch nachweisen wollen …

Der Nachweis ist doch längst gegeben, nicht nur durch Liane Bednorz oder Michael Schmidt-Salomon, selbst der AfD Fraktionsvorsitzende Jörg Meuten bestätigt dies

Gute Kontakte gibt es Meuthen zufolge dagegen zwischen AfD und konservativen Christen, etwa evangelikalen Strömungen, die eine konservative Bibelauslegung vertreten. Diese Kontakte seien aber nicht institutionalisiert, sagte er.

Was “Christen in der AfD” in ihrem Grundsatzprogramm schreiben, ist nicht nur schwammig areligös sondern haarscharf verfassungsfeindlich

Insofern ist in der Demokratie weniger das technische Regelwerk entscheidend, nach dem Entscheidungen getroffen werden, sondern vielmehr das sittliche Fundament, auf dessen Grundlage die Bürger ihre Entscheidungen treffen. Ohne dieses sittliche Fundament kann auch eine Demokratie unmittelbar in die Barbarei führen.

Bei Schnabel, Vermessung des Glaubens (Blessing 2008) ist unter “Autoritäre Charakter” ab S.138 längst auch der Mechanismus erklärt. Es ist der gleiche bei amerikanischen und deutschen Evangelikalen

Es lohnt sich daher, noch ein wenig bei den schon etwas älteren Untersuchungen zu verweilen. Sie lehren nämlich auch, dass der kurvilinearc Zusammenhang nicht in jedem Falle gilt. Manche
 Korrelationen sind durchaus linear, das heißt: Je frommer (oder religiöser) die betreffenden Personen sind, umso deutlicher tritt eine bestimmte Eigenschaft hervor. Das gilt besonders für jene Charakterzüge, die Forscher unter der Sammelbezeichnung der „autoritären Persönlichkeit“ dargestellt haben. Dieser Begriff, der im Wesentlichen auf Theodor W. Ador­nos Studie „The Authoritarian Personality“, aus dem Jahr 1950 zu­rückgeht, umschreibt ein Set von Persönlichkeitseigenschaf­ten, die ein Potenzial für antidemokratische und faschistische Einstellungen und Verhaltensweisen darstellen. Die Ich ­schwa­che, autoritäre Persönlichkeit ist demnach gekennzeichnet durch Unterwürfigkeit gegenüber idealisierten Autoritäten der Eigen­gruppe, durch Misstrauen udn Feindseligkeit gegenüber Andersdenkenden und eine Tendenz, Verstöße gegen die herrschende Moral zu ahnden … Im Zuge solcher Untersuchungen wurden immer wieder Zusammenhänge zwischen Autoritätsgläubigkeit und ausgeprägter Frömmigkeit gefunden. Das gilt vor allem für Gläubige, die als „religiös orthodox“ beschreiben werden können …, die also ein bestimmtes (meist in sich geschlossenes) Glaubenssystem streng vertreten und jegliche Abweichung davon verdammen.
Am deutlichsten hat dies vielleicht der Neuropsychologe Elbert W. Russell formuliert, der Anfang der Siebzigerjahre im Auftrag des Kanadischen Friedensforschungsinstituts sämtliche bis dahin vorliegende (nordamerikanischen) Untersuchungen über den Zusammenhang von christlichen Überzeugungen und politischen Einstellungen analysierte. Sein Ergebnis: „Je strenger religiös und je orthodoxer eine Person oder Gruppe ist, desto militaristischer werden ihre Einstellungen wahrscheinlich sein.“ Strenggläubige Christen erwiesen sich in nahezu allen Studien konservativer als der Durchschnitt; sie befürworten eher harte Strafen für Gesetzesbrecher, engagierten sich seltener in Friedensdiensten und wiesen eine hohe Bereitschaft zu Antisemitismus, Voreingenommenheit (Ethnozentrismus) und anderen Vorurteilen auf. Russell ­ der selbst der pazifistischen Quäker­-Sekte an­gehört , sprach in diesem Zusammenhang gar von einem »autoritär­punitiven« Komplex, dessen Ursache er in jenem strengen, strafenden Gottesbild sieht, das im Alten Testament vermittelt wurde und dem manche Kirchen noch immer an­ hängen. »Die Früchte des Christentums«, so notierte Russell erstaunt, entsprächen »offenbar dem genauen Gegenteil seines Ideals der Liebe.«
Symptomatisch dafür waren zum Beispiel die Kommentare von Pastoren, die nach ihrer Haltung zum Vietnamkrieg be­fragt wurden. Zwar waren 85 Prozent der Geistlichen der Ansicht, dass Krieg gegen den Willen Gottes sei; aber die For­derung, »Christen sollten auf Beendigung der Feindseligkeiten drängen, falls nötig sogar zu den Bedingungen des Feindes« unterstützten nur 15 Prozent. Viele Pastoren erklärten diesen Widerspruch damit, dass Kommunisten ja Atheisten seien, und man daher mit ihnen nicht auf christliche Weise umgehen kön­ne. Man müsse im Gegenteil mit den Kommunisten »in deren eigener Sprache« sprechen (im Klartext: sie in Grund und Boden bomben).

das “Georg Klein Manöver

Auch der kanadische Psychologe Robert Altemeyer, der über einen Zeitraum von zwanzig Jahren die Beziehung zwi­schen Religion und autoritären Einstellungen untersucht hat, gelangt zu dem eindeutigen Ergebnis: »Wer autoritätsgläubig ist, tendiert dazu, religiös zu sein und umgekehrt.« Dass sich dabei die höchsten Korrelationen ausgerechnet bei strenggläu­bigen Christen finden, sei »besonders ironisch«, schreibt Alte­meyer, »da die Evangelien Jesus von Nazareth vor allem als je­mand schildern, der tolerant und vergebungsbereit ist und eine Botschaft universeller Liebe predigt«.