Ratatouille der Gedanken

Silvia Strahm spricht mir aus der Seele wenn sie in ihrem neuesten Beitrag auf feinschwarz.net fragt, was bleibt denn vom Denken, Nachdenken, Hinterfragen in Zeiten der Meinungen, der Informations- und Wissensflut?

Ich war einmal ein denkender Mensch, vor vielen Jahren. Ich hatte viel gelernt, über alles Mögliche und über viel Unmögliches auch, habe Schul- und andere Weisheiten erworben, nachgedacht über das Leben und die Welt im Allgemeinen und im Besonderen. Das war anstrengend, beglückend, manchmal schwindelerregend, aber das Werkzeug hatte ich beisammen, alles war da, dem, was geschah, geschehen war und noch im Gang, ordnend beizukommen.
Geblieben davon ist das Hantieren. Mit den Werkzeugen. Die habe ich behalten. Immer wieder etwas geputzt und geschliffen, aber im Grossen Ganzen sind es noch dieselben.
Geändert hat sich trotzdem alles.

Geblieben davon ist das Hantieren. Was früher zumindest den Anschein chirurgischer Sorgfalt und Präzision in der Analyse mannigfaltiger Sachverhalte besass, ist zu einem hilflosen Herumfuchteln geworden. Eher dem Abwehren als dem Verstehen zugeneigt.
Die Instrumente sind zwar geschärft, aber der Gegenstand flüchtig. Ein kurzes Hinschauen, ein Abtasten der Konturen und schon ist er wieder weg. Es wartet ja der nächste und der übernächste und der überübernächste einer unübersichtlichen und nicht enden wollende Kolonne in Form von Ereignissen, Themen, Debatten, Theorien, Denkansätzen. Und das Resultat? Hier ein paar Ansichten, da ein paar Meinungen, gemixt aus den einmal erworbenen Grundsätzen und Welthaltungen und mannigfaltigen Zeitungsartikeln und Feuilletontexten. Sieht nicht gut aus, dieses Ratatouille der Gedanken, und sorgt weder für Übersicht noch für die Sättigung des Bedürfnisses nach Beruhigung in einer Welt, in die man blickt wie in einen Strudel, faszinierend zwar, aber vor allem unheimlich und beängstigend.