Tertullian mit aktueller Analyse

So ist es: Der ganze Erdkreis selbst steht uns dienstbar zu Gebote, und dies von Tag zu Tag üppiger kultiviert und reicher ausgestattet als am Tag zuvor. Alles ist bereits erschlossen, alles erkundet, alles voller Geschäftigkeit. Lieblichste Kulturen haben berüchtigtes Ödland weithin zum Verschwinden gebracht, Saatfelder haben die Urwälder zurückgedrängt, die Haustiere haben die Raubtiere in die Flucht geschlagen; Sandwüsten werden besät, Felsgründe werden bepflanzt, Sümpfe werden trockengelegt; Städte gibt es so viele wie früher nicht Häuser. Längst haben einsame Inseln ihren Schauder, Klippen und Riffe ihren Schrecken verloren; überall gibt es Häuser, überall Völker, überall Staaten, überall reges Leben. Das schlagendste Zeugnis für das Überhandnehmen des Menschen aber ist dies: Wir sind der Welt zur Last. Kaum reichen die vier Elemente uns noch aus, die Zwänge ziehen sich enger zusammen, und Klagen werden bei allen laut, während doch umgekehrt die Natur uns bereits nicht mehr erträgt. Wahrhaftig: Seuchen und Hunger, Kriege und Naturkatastrophen, die ganze Völker dahinraffen, müssen nachgerade als heilsame Eingriffe angesehen werden, gleichsam als ein Zurückschneiden des allzu üppig ins Kraut schießenden Menschengeschlechts.

Wir sind der Welt zu Last / Onerosi sumus mundo. 30. Cap. Wenn eine Seelenwanderung stattfände, so müsste die Zahl der Menschen immer die gleiche bleiben.