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Die Gedanken sind frei, wer kann sie erraten?

Die Gedanken sind frei,
wer kann sie erraten?
Sie ziehen vorbei, wie nächtliche Schatten.
Kein Mensch kann sie wissen,
kein Jäger erschießen mit Pulver und Blei.
Die Gedanken sind frei.

Was sich so schön lyrisch bei Hoffmann von Fallersleben anhört, ist eben nur Lyrik des 19. Jahrhunderts. Gedankenlesen fasziniert die Menschen seit König Davids Zeiten, aber ist erst seit kurzem in Ansätzen möglich (MPI)

Das Ergebnis erstaunte Libet, ebenso wie viele Forscher bis heute: Im Hirn der Probanden baute sich das Bereitschaftspotential bereits auf, bevor sie selbst den Willen zur Bewegung verspürten. Selbst wenn man eine gewisse Verzögerung beim Lesen der Stoppuhr annahm, blieb es dabei – der bewusste Willensakt ereignete sich im Durchschnitt erst drei Zehntelsekunden, nachdem die Handlungsvorbereitungen im Hirn angelaufen waren. Für viele Hirnforscher ließ das nur einen Schluss zu: Die grauen Zellen entschieden offenbar an uns vorbei.

Die technische Auflösung geht immer weiter, von der Antizipation einfacher Bewegungsmuster nun hin zur kompletten Bilderkennung im Gehirn “Mental image reconstruction from human brain activity” hier in der geringfügig korrigierten DeepL Übersetzung

Die von Menschen wahrgenommenen Bilder können aus ihrer Gehirnaktivität rekonstruiert werden. Allerdings ist die Visualisierung (Externalisierung) von mentalen Bildern  eine Herausforderung. Nur wenige Studien haben über eine erfolgreiche Visualisierung von mentaler Bilder berichtet, und ihre visualisierbaren Bilder waren auf bestimmte Bereiche wie menschliche Gesichter oder Buchstaben des Alphabets beschränkt. Daher stellt die Visualisierung mentaler Bilder für beliebige natürliche Bilder einen bedeutenden Meilenstein dar. In dieser Studie haben wir dies durch die Verbesserung einer früheren Methode erreicht. Konkret haben wir gezeigt, dass die in der bahnbrechenden Studie von Shen et al. (2019) vorgeschlagene Methode zur visuellen Bildrekonstruktion stark auf visuelle Informationen, die vom Gehirn dekodiert werden, angewiesen ist und die semantischen Informationen, die während des mentalen Prozesses benutzt werden, nicht sehr effizient genutzt hat. Um diese Einschränkung zu beheben, haben wir die bisherige Methode auf einen Bayes’sche Schätzer erweitert und die Unterstützung semantischer Informationen in die Methode mit aufgenommen. Unser vorgeschlagener Rahmen rekonstruierte erfolgreich sowohl gesehene Bilder (d.h. solche, die vom menschlichen Auge beobachtet wurden) als auch vorgestellte Bilder aus der Gehirnaktivität. Die quantitative Auswertung zeigte, dass unser System gesehene und imaginierte Bilder im Vergleich zur Zufallsgenauigkeit sehr genau identifizieren konnte (gesehen: 90,7%, Vorstellung: 75,6%, Zufallsgenauigkeit: 50.0%). Im Gegensatz dazu konnte die frühere Methode nur gesehene Bilder identifizieren (gesehen: 64,3%, imaginär: 50,4%). Diese
Ergebnisse deuten darauf hin, dass unser System ein einzigartiges Instrument zur direkten Untersuchung der subjektiven Inhalte des Gehirns wie Illusionen, Halluzinationen und Träume ist.

Fig 3A