Category Archives: Noteworthy

Tertullian mit aktueller Analyse

So ist es: Der ganze Erdkreis selbst steht uns dienstbar zu Gebote, und dies von Tag zu Tag üppiger kultiviert und reicher ausgestattet als am Tag zuvor. Alles ist bereits erschlossen, alles erkundet, alles voller Geschäftigkeit. Lieblichste Kulturen haben berüchtigtes Ödland weithin zum Verschwinden gebracht, Saatfelder haben die Urwälder zurückgedrängt, die Haustiere haben die Raubtiere in die Flucht geschlagen; Sandwüsten werden besät, Felsgründe werden bepflanzt, Sümpfe werden trockengelegt; Städte gibt es so viele wie früher nicht Häuser. Längst haben einsame Inseln ihren Schauder, Klippen und Riffe ihren Schrecken verloren; überall gibt es Häuser, überall Völker, überall Staaten, überall reges Leben. Das schlagendste Zeugnis für das Überhandnehmen des Menschen aber ist dies: Wir sind der Welt zur Last. Kaum reichen die vier Elemente uns noch aus, die Zwänge ziehen sich enger zusammen, und Klagen werden bei allen laut, während doch umgekehrt die Natur uns bereits nicht mehr erträgt. Wahrhaftig: Seuchen und Hunger, Kriege und Naturkatastrophen, die ganze Völker dahinraffen, müssen nachgerade als heilsame Eingriffe angesehen werden, gleichsam als ein Zurückschneiden des allzu üppig ins Kraut schießenden Menschengeschlechts.

Wir sind der Welt zu Last / Onerosi sumus mundo. 30. Cap. Wenn eine Seelenwanderung stattfände, so müsste die Zahl der Menschen immer die gleiche bleiben.

 

 

CC-BY-NC Science Surf accessed 04.11.2025

Der Geschichtsrevisionismus endet im Nirgendwo

 

Thomas Mann über Stefan Zweig

Es gab Zeiten, wo sein radikaler, sein unbedingter Pazifismus mich gequält hat. Er schien bereit, die Herrschaft des Bösen zuzulassen, wenn nur das ihm über alles Verhaßte, der Krieg, dadurch vermieden wurde. Das Problem ist unlösbar. Aber seitdem wir erfahren haben, wie auch ein guter Krieg nichts als Böses zeitigt, denke ich anders über seine Haltung von damals – oder versuche doch, anders darüber zu denken.

Franz Werfel über Stefan Zweig

Ja, Stefan Zweig war ein Mann ohne Zorn. Darum war er auch einer der ganz wenigen echten Pazifisten, die es gibt. Für ihn bedeutete der Krieg die irdische Hölle, an die man nur mit Heulen und Zähneklappern denkt. […] Es ist nicht zu leugnen, Stefan Zweig floh vor dem Krieg. […] In einem seiner letzten Briefe habe ich folgende Zeilen gefunden: „ Die Leute reden so leicht von Bombardements, wenn ich aber lese, daß die Häuser zusammenstürzen, stürze ich selbst mit den Häusern zusammen.”

 

CC-BY-NC Science Surf accessed 04.11.2025

Die Kernprobleme der Wissenschaft in Deutschland II: Themenwahl

Holger Becker, MdB, Mitglied des Helmholtz Senats

Die Art und Weise, wie wir Forschungsthemen auswählen und fördern, stammt im Prinzip aus den Zeiten der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, und so wie Produkte irgendwann am Ende ihres Lebenszyklus’ ankommen, ist diese Forschungsförderung jetzt organisatorisch auch am Ende. Jeder, wirklich jeder in diesem Wissenschaftsbetrieb beklagt eine überbordende Bürokratisierung, und über die vergangenen paar Jahre sehen wir dann auch noch, dass die Förderwahrscheinlichkeit in vielen Programmen aufgrund dessen zurückgegangen ist. Bei einzelnen Projektaufrufen in Programmen wie Horizon2020 lag die finale Erfolgsquote bei Anträgen nur noch bei drei Prozent. Das bedeutet, dass 97 Prozent der Mühen und der Arbeit von Antragstellern, aber auch von Gutachtern und Programmorganisatoren, einfach weggeworfen werden. Ich glaube, wir brauchen da disruptive Änderungen: Wir müssen uns hinsetzen und überlegen, wie Förderprozesse im 21. Jahrhundert entbürokratisiert werden können.

 

CC-BY-NC Science Surf accessed 04.11.2025

1,200 dead children by air pollution

This is the headline based on a  press release by the EEA that went online only this morning after having been already taken up by news outlets like the Guardian, DW and Tagesschau.

Fortunately many newspaper did not respond. Was this just a small experiment which news desk can discriminate fake and real news? Continue reading 1,200 dead children by air pollution

 

CC-BY-NC Science Surf accessed 04.11.2025

At what age do scientists tend to produce great ideas?

It took me some time to relocate the paper that was discussing this topic. I first thought of  PNAS back in 2011 but the plot that I was looking for is in  a Scientometrics 2019 article.

Take home message: It may be the your first or your last paper in your career that will have the biggest impact  while the overall probably is highest at age 44.

https://link.springer.com/article/10.1007/s11192-019-03065-4

Another paper (with different source data) moves the curve to the left but unfortunately methods are not clearly described.

https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=2389203

For example, in contrast to Einstein, 93% of Nobel Prize-winning scientific breakthroughs have come from individuals beyond age 26, and even geniuses who emerge early may bloom more fully at more advanced ages. Einstein’s theory of general relativity, perhaps his greatest contribution, came largely in his early to mid-thirties. Copernicus completed his revolutionary theory of planetary motion around age 60. Mozart’s most famous operas came in his thirties, and Steve Jobs produced by far his most commercially successful innovations in his late forties and early fifties.

And here is a third paper, that shows that the interval widens at 65 while the mean performance remains stable.

doi.org/10.1073/pnas.2006653117

 

CC-BY-NC Science Surf accessed 04.11.2025

Was tun gegen Wissenschaftsbetrug?

Dirnagl/LJ hat die Antwort

Besteht die Lösung des Problems also darin, Wissenschafts­betrug härter zu sanktionieren? Schaden würde das sicher nicht. Schließlich kann man die Fälle, in denen bislang Strafen verhängt wurden, an einer Hand abzählen. Wissenschafts­betrug wird also nicht nur selten aufgedeckt, sondern noch seltener geahndet.

Müssen wir mehr gute wissen­schaftliche Praxis lehren und trainieren? Auch das ist eine gute Idee, aber sehr viel nützen wird es wohl nicht. …

Brauchen wir vielleicht eine Wissenschafts­polizei, die unangekündigte Kontrollen von Western Blots und Festplatten in Laboren durchführt? Ganz sicher nicht! Moderne Wissenschaft ist viel zu komplex …

Ein viel naheliegender Ansatz zur Abhilfe ist es, sich dem Kern des Problems anzunehmen und das toxische Karriere- und Bewertungs­system zu reformieren – also Forscher nicht auf Basis fragwürdiger Metriken, sondern mit Fokus auf Forschungs­qualität, Inhalte und dem tatsächlichen wissen­schaftlichen oder gesell­schaftlichen Impact zu beurteilen.

 

CC-BY-NC Science Surf accessed 04.11.2025

How I Became a Madman

You ask me how I became a madman. It happened thus: One day, long before many gods were born, I woke from a deep sleep and found all my masks were stolen,

the seven masks I have fashioned and worn in seven lives,

I ran maskless through the crowded streets shouting, “Thieves, thieves, the cursed thieves.”

Men and women laughed at me and some ran to their houses in fear of me.

And when I reached the market place, a youth standing on a house-top cried, “He is a madman.” I looked up to behold him; the sun kissed my own naked face for the first time. For the first time the sun kissed my own naked face and my soul was inflamed with love for the sun, and I wanted my masks no more. And as if in a trance I cried, “Blessed, blessed are the thieves who stole my masks.”

Thus I became a madman.

And I have found both freedom and safety in my madness; the freedom of loneliness and the safety from being understood, for those who understand us enslave something in us.

But let me not be too proud of my safety. Even a Thief in a jail is safe from another thief.

 

CC-BY-NC Science Surf accessed 04.11.2025

Ratio

Steht [der Begriff] unter einem Beitrag als Antwort, wird darauf hingewiesen, dass der ursprüngliche Post mehr Antworten als „Retweets“, „Likes“, „Gefällt mir“-, oder „Fav“-Angaben hat. Es kann auch verwendet werden, wenn ein „DruKo“, also eine Antwort unter einem Beitrag, mehr „Likes“ hat als der Ausgangsbeitrag. Manchmal wird auch „ratioed“ verwendet. (GIGA)

“Ratio” sollte vielleicht auch als PubMed Flag bei Zeitschriften eingeführt werden, wenn es mehr PubPeer Kommentare als Zitierungen gibt.

 

CC-BY-NC Science Surf accessed 04.11.2025