Category Archives: Philosophy

Zu Forschungsfreiheit

Interview mit Martin Stratmann

F: Dann lassen Sie uns über die Strukturen und ihre Probleme sprechen. Damit sind wir plötzlich sehr nah dran an der MPG, oder?

A: Was woanders gilt, sollte auch bei der MPG so sein: Wir müssen bei der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses sicherstellen, dass die Wissenschaftsfreiheit auch für sie gesichert ist – nicht nur für die Führungsspitze unserer Institute. Und wir müssen in der Wissenschaft Rahmenbedingungen schaffen, die eine Spontaneität, wie ich sie meine, ermöglicht. Indem wir nicht nur Forschung belohnen, die en vogue ist, die zu möglichst vielen hochrangigen Publikationen führt.

 

CC-BY-NC Science Surf accessed 07.11.2025

Klimakrise und Hyernomie Theorie

Anomie, der Zustand bisher fehlender oder schwacher Normen, ging in die Anomietheorie von Robert Merton ein als der Widerspruch zwischen Ziel zB Konsum und Realität etwa aufgrund fehlender Finanzen. Darauf kann individuell auf verschiedene Arten reagiert werden (gekürzt) nach  Wikipedia)

  1. Konformität: Hoher Konsum, Mittel vorhanden, Rationalisierung
  2. Innovation: Konsumwunsch, Mittel fehlen, Kriminalität
  3. Ritualismus: Konsum reduziert, damit die legalen Mittel reichen, Vernunfthandlung
  4. Rückzug: Konsum und legale Mittel werden für sich abgelehnt, eigene Isolation
  5. Rebellion: Konsum und legale Mittel werden für alle abgelehnt, Krieg

In der Klimakrise kommen plötzlich hohe Normen auf uns zu – ich würde es Hypernomie nennen – von denen Reto Knutti sagt (1,2)

Wenn sich alle so verhalten wie Sie, werden wir die Klimaziele verfehlen», sagt Knutti. «Es geht mir nicht darum, zu moralisieren. Wir befinden uns alle in diesen Widersprüchen. Wenn ich in der Wissenschaft auf dieser Ebene arbeiten will, ist es unumgänglich, dass ich hin und wieder zu Kongressen fliege. Aber dennoch: Was bis 2050 gefordert ist, ist null CO2. Das heisst nicht: ein bisschen sparen. Null bedeutet null. Den Verbrennungs­motor gibt es dann nicht mehr. Fliegen gibt es nicht mehr, ausser es gelingt uns, synthetisches Kerosin als Alternative auf den Markt zu bringen oder CO2zu sequestrieren. Eine Ölheizung gibt es nicht mehr. Wir werden unser Leben umstellen müssen.

Ich vermute auch unter Hypernomie Bedingungen bleiben die Reaktionen gleich

  1. einige AfD Mitglieder
  2. einige DAX Unternehmen
  3. hoffentlich die Mehrheit
  4. einige Religionen
  5. einige XR

 

CC-BY-NC Science Surf accessed 07.11.2025

Whistleblower

Der SPIEGEL vom letzten Samstag hatte das Thema auf dem Titelblatt und sie als die “fünfte Macht” bezeichnet. Und im SWR Nachtcafe wird am nächsten Wochenende Martin Porwoll sprechen, der den Skandal um gepanschte Zytostatika aufgedeckt hat. Die WHO entwickelt gerade den Plan für eine Hotline an die sich Whistleblower (WB) wenden können, die genetische Änderung an der Keimbahn melden wollen. Umgekehrt sucht die US Regierung krampfhaft einen CIA Mitarbeiter, der in der Ukraine Affäre ausgesagt hat.

Sind WB moralische Instanz oder nur Nestbeschmutzer? Der Preis für WB ist jedenfalls hoch und oft mit beruflichen und persönlichen Konsequenzen verbunden – Job verloren, vom Arbeitgeber verklagt, von der Frau verlassen. Es gibt immer mehr Compliance Beauftragte, aber haben die neuen Ämter mehr als nur Alibi Funktion?

Am letzten Freitag, den 15.11.2019 fand zu dem Themenkomplex im Institut für Kommunikationswissenschaften und Medienforschung der LMU (Oettingerstr 67) eine eigene Veranstaltung statt “Whistleblowing in Deutschland – Zivilcourage oder Verrat? Hinweisgeberverhalten und rechtliche Regelung in Deutschland”. Organisiert war die Veranstaltung im Rahmen des DFG Sonderforschungsbereich 1369 „Vigilanzkulturen“ von dem Lehrstuhl für Strafrecht und Kriminologie, sowie der Regionalgruppe München von Transparency International Deutschland e. V.

Eine solche Veranstaltung schien überfällig. Entsprechend gut war der Besuch. Deutschland hat sich in der Vergangenheit kein Ruhmesblatt bei diesem Thema erworben, da alle Gesetzesvorhaben zum Schutz von WB bisher gescheitert sind. Offensichtlich kommt aber nun mit der EU Richtlinie 2018/0106 COD, die am 16.4.19 verabschiedet wurde, erneut Bewegung in den Prozess. Aus dem Ankündigungstext

Die Aufmerksamkeit und das Verantwortungsbewusstsein des Staatsbürgers, der Missstände nicht nur zur Kenntnis nimmt, sondern sich auch für deren Abstellung einsetzt, ist eine wesentliche Voraussetzung für den Bestand der freiheitlichen demokratischen Ordnung“, heißt es in einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.04.1970 (1 BvR 690/65). Diese Problematik ist unverändert aktuell. Das öffentliche Bild von Hinweisgeber/innen schwankt allerdings zwischen Helden- und Denunziantentum. Auch ist das Wissen um wissenschaftliche Erkenntnisse zur „Realität des Whistleblowings“ (etwa typische Merkmale und Verläufe) wenig verbreitet. Ebenso verhält es sich mit Blick auf die rechtlichen Möglichkeiten und Grenzen, Informationen über Missstände weiterzugeben. Wir wollen durch mehrere Vorträge mit anschließender Podiumsdiskussion über die aktuelle rechtliche Lage informieren, so z.B. auch über die europäischen Vorgaben zur Thematik. Die Veranstaltung folgt dem Motto „science goes public“ und ist deshalb sowohl für Fachpublikum als auch die Zivilgesellschaft geöffnet.

Eröffnung: durch Prof. Dr. iur. Ralf Kölbel (Ludwig-Maximilians-Universität München) und Uwe Jennerwein (Transparency International Deutschland e.V. – die Referate wird es 2020 schriftlich geben).

In der Einleitung geht Ralf Kölbel auf den aktuell berühmtesten WB ein, Ex-CIA Mitarbeiter Edward Snowden, aber auch das unsägliche  AfD Portal, auf dem Lehrer denunziert werden sollten. WB im engeren Sinn ist die Weitergabe von Insider Information ausserhalb der regulären Dienst- und Mitteilungswege entweder innerhalb oder außerhalb der Organisation.
Die Regionalgruppe München von Transparency hat die Tagung mit vorbereitet. Transparency fordert eine Entkriminalisierung und eine Entschädigung über einen Opferfond.

Block 1: Aktuelle Bedingungen von Whistleblowing
„Whistleblowing in der empirischen Forschung“
Ralf Kölbel (Ludwig-Maximilians-Universität München)
„Whistleblowing in der Praxis: Möglichkeiten und Fallstricke für Hinweisgeber“

Prof. Dr. iur. Ralf Kölbel (LMU)

Die Meldungsrate (von informierten Insider, die auf bekannte Missstände reagieren) kann bis zu 50% betragen (Olsen 2014). Eine externe Weitergabe von Informationen ist mit 10% Häufigkeit allerdings eher selten und erfolgt meist nur nach erfolglosen internen Versuchen. Gibt es individuelle Eigenschaften von WB? Roberts 2014 zeigt, dass es keine “typische” Persönlichkeit ist, eher ist die Situation typisch: Delikte von erheblichem Ausmass, die den WB betreffen. Nahezu alle Daten über WB stammen aus “Laborstudien” (simulierte Situationen, Gruppenbefragungen), so dass sich die Frage der Übertragbarkeit stellt, da echte WB Befragungen selten sind. Vorangetrieben wird WB meist dadurch, dass nichts auf die Meldung hin passiert. Im Anschluss an die Meldung werden WB häufig von Kollegen gemieden oder informell sanktioniert. Die Zahlen dazu schwanken in der Literatur zwischen 20% und 69%. Positiv belegt ist die Person des WB nach einer Umfrage von strafrecht-online.org 2018 nur für 72% der Teilnehmer, für den Rest bleiben WB suspekt. Die Skepsis in Deutschland gegen WB hängt wohl auch mit der NS Vergangenheit (“Blockwart”) zusammen.

Der Vortrag von Thomas Dombek (LKA Niedersachsen) entfiel, dafür übernahm Uwe Jennerwein sein Referat.

Uwe Jennerwein (Transparency International)

Angesprochene Themen: 59% der Unternehmen haben eine Meldestelle, was aber von der Unternehmensgrösse abhängt – (Hauser 2019) grössere Unternehmen eher als kleine. Die Rate liegt bei jährlich 16-65 Meldungen. Nach neuem EU Recht muss der Hinweisgeber innerhalb einer Woche eine Eingangsbestätigung  bekommen; ein unparteiische Person ergreift daraufhin Folgemassnahmen und informiert den Hinweisgeber innerhalb von weiteren 3 Monaten.
Das externe Meldeaufkommen in der BRD ist gering (zB bei dem Generalzollamt),  ca 300 Meldungen/Jahr (Bundeskartellamt), aber 600+/Jahr (BaFin) und 30.000+/Jahr bei den Krankenkassen. Von den eingehenden 2729 Meldungen beim LKA Niedersachsen 2009-2019 führten allerdings nur 32% zu einem strafrechtlichen Anfangsverdacht und nur 3% zu strafrechtlichem Nutzen (Verurteilung bzw noch offenes Verfahren). Allerdings waren dies dann sehr große Delikte. Ähnliche Zahlen aus Österreich 2013-2017: 4976 Meldungen, aber nur 10% Ermittlungsverfahren. Die Polizei ist dabei nicht zu Vertraulichkeit verpflichtet, die Meldestellen hingegen schon. Das rechtliche Problem besteht v.a. darin, dass der Staat zu sanktionslosem unzulässigem Verhalten anstiftet (etwa im Fall einer bösartigen Denunzierung).

Podiumsgespräch: Wie erleben Hinweisgeber ihre Situation?  Dr. iur. Nico Herold (Ludwig-Maximilians-Universität München) im Gespräch mit RA H.

Dr. Nico Herold (LMU) im Gespräch mit RA H.

Dies war wohl der interessanteste Teil der Veranstaltung. RA H. schilderte dabei die Aufdeckung von finanziellen Unregelmässigkeiten an einer Dienststelle, an die er abgeordnet war.  Auf Details würde ich hier gerne verzichten, im Publikum herrschte betretenes Schweigen, als er die Eskalationsspirale beschrieb.

Block 2: Heutiger und künftiger Rechtsrahmen von Whistleblowing
Moderation: Dipl.-Soz. Elke Wienhausen-Knezevic (Ludwig- Maximilians-Universität München)
„Arbeits- und datenschutzrechtliche Fragen von Whistleblowing“ –
Prof. Dr. iur. Martin Franzen (Ludwig-Maximilians-Universität München)

Prof. Dr. iur. Martin Franzen

Martin Franzen ist Beauftragter der LMU für die Selbstkontrolle in der Wissenschaft und befasste sich mit arbeits- und datenschutzrechtlichen Fragen von WB. Das Arbeitsvertragsrecht sieht Meldepflicht des Arbeitnehmers gegen Arbeitgeber vor. Dabei sind 3 Fallgruppen zu unterscheiden: Führungskräfte sind meldepflichtig, wenn die Überwachung zu ihren Aufgaben gehört; andere Arbeitnehmer wenn das Vorkommnis zu ihrem Aufgabenkreis gehört; sonstige Arbeitnehmer nur, wenn dem Arbeitgeber durch den Pflichtverstoss ein erheblicher Schaden droht. Es besteht eine umfassende Auskunftspflicht im Rahmen des Arbeitsbereiches (§666 BGB). Zulässigkeit für externes WB durch ArbSchG §17.2. Ausnahme bzw Unzumutbarkeit bei eigener Strafbarkeit, wenn Regelverstösse trotz Meldung nicht abgestellt werden, Vorfälle schwerwiegend sind oder Verdacht gegen den Arbeitgeber selbst besteht. Warnung vor wissentlich unwahren oder leichtfertig falschen Angaben, da Sanktionen wie Abmahnung oder Kündigung drohen. Es gilt das Massregelungsverbot §612a BGB. Bisher keine Rechtspflicht zur Schaffung eines Hinweisgebersystems.

„Die neue EU-Richtlinie zum Whistleblowerschutz und ihre Umsetzung in Deutschland“ Prof. Dr. iur. Klaus Ulrich Schmolke (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen- Nürnberg)

Prof. Dr. iur. Klaus Ulrich Schmolke (Erlangen-Nürnberg)

Was war, was ist, was kommt? Was war: Das EU Parlament drängt zum Gesetzgebungsvorschlag, im April 2018 legt die Kommission einen Richtlinienvorschlag vor, revidiert ihn im Dezember 2018,  im April 2019 stimmt das EU Parlament zu, im Oktober auch der Rat, so dass die Richtlinie am 23.10.19 verabschiedet wurde. Wesentliche Inhalte sind: Schutz der Hinweisgeber, Schutz der von Meldung betroffener Personen, Eingrenzung des sachlichen und persönlichen Anwendungsbereiches, Voraussetzungen für den Hinweisgeber, Pflicht zur Einrichtung interner und externer Meldekanäle. Am wichtigsten scheint der Schutz der Hinweisgeber durch Verbot von Repressalien und Gewährung von unterstützenden Massnahmen, als da wären Verfahrensgrundrecht, Schutz der Identität aber auch Strafe bei Falschinformation. Die Richtlinie wird jedenfalls zu Änderungen der gegenwärtigen Rechtslage führen: Vorrang des internen WB (Rücksichtnahmepflicht!) aber auch Kündigungsschutz bei externer Meldung. Neben diversen Einzelaspekten wird auch ein “bug bounty” Programm diskutiert, was aber in der Diskussion als ähnlich deletär wie Boni bei AGs angesehen wird.

Podiumsdiskussion: Förderung und Regulierung von Whistleblowing in Deutschland
NN (Whistleblowing-Netzwerk)
RAin Kristina Harrer-Kouliev (Bundesvereinigung der Deutschen
Arbeitgeberverbände)
Prof. Dr. iur. Roland Hefendehl (Albert-Ludwigs-Universität Freiburg/Br.)
Prof. Dr. iur. utr. Marie-Theres Tinnefeld (Hochschule München)
Moderation: Prof. Dr. iur. Ralf Kölbel (LMU München)

von links Prof. Dr . iur. Roland Hefendehl, RAin Kristina Harrer-Kouliev, Prof. Dr. iur. Ralf Kölbel, Prof. Dr. iur. utr. Marie-Theres Tinnefeld, Thomas Holbach?

Die Veranstaltung schloss mit kurzen Statements der Podiumsteilnehmer. Leider konnte Frau Tinnefeld auch mit Bitten aus dem Publikum nicht davon abgehalten werden, ihr überlanges Statement zu verlesen, so dass für die Diskussion keine Zeit mehr blieb.

Was blieb: eine sehr interessante und sehr engagierte Veranstaltung und die Hoffnung dass hier endlich ein Defizit des  Rechtsstaates ausgeräumt werden, das Korruption, Gesundheitsrisiken und andere Missstände begünstigt.

 

CC-BY-NC Science Surf accessed 07.11.2025

Globaler Diskurs? Ein Nirvana-Fehlschluss

Das Ärzteblatt gestern über eine BMBF Veranstaltung zu den Crispr Cas Zwillingen

Dabrock warnte vor einem Schwarz-Weiß-Denken bei ethischen Fragestellungen zur Keim­bahnveränderung. Es sei vielmehr ein globaler Diskurs erforderlich, an dem nicht nur die wissenschaftliche Gemeinde beteiligt ist – der letztlich gegebenenfalls in globale Regelungen münde.

Was soll man dazu sagen? Zu einer Rhetorik,  die feststellt daß alle anderen “Schwarz-Weiss” denken? Globaler Diskurs ist in dem Zusammenhang eine falsche Dichotomie, denn das Gegenteil von “Schwarz-Weiss” wäre ja “bunt”, eine möglichst vielfältige Alternative.

Nach vier Vorträgen zu dem Thema glaube ich mittlerweile, daß die meisten Menschen nicht mal den Unterschied zwischen somatischer und Keimbahntherapie verstehen. Und daß die Welt im Augenblick ganz andere Probleme hat.

Den Diskurs in die globale Sphäre verlagern, sagt jemand, der selbst nicht auf Emails antwortet?

“Globaler Diskurs” sieht nach einem klassischen Beispiel für einen Nirvana Fehlschluss aus.

Den Nirvana-Fehlschluss, auch Trugschluss der perfekten Lösung, begeht, wer etwas Wirkliches oder Realisierbares mit einem unrealisierbaren modellhaften Ideal vergleicht und auf dieser Basis – ohne die Realitätsferne des Ideals zu berücksichtigen – ein Urteil fällt oder eine Entscheidung trifft.

Denn wer kann denn schon – staatliche Ethiker ausgenommen – zu Ethikmeetings in die USA, nach England oder Hongkong fliegen? Und wer entscheidet auf diesen Meetings? Die gewählten Volksvertreter?

Auch bei diesen Meetings gibt es völlig unterschiedliche Vorstellungen. Die WHO will ein Register schaffen so Nature gestern. Die Kommission der US National Academy of Science und British Royal Society will das eher nicht, genaues weiss man nicht, es ist ein globaler Diskurs hinter verschlossenen Türen.

 

CC-BY-NC Science Surf accessed 07.11.2025

Braucht Wissenschaft Kommunikation?

Natürlich muss Wissenschaft Ergebnisse kommunizieren, vor allem wenn Forschung staatlich gefördert ist. Schon immer wurden Ergebnisse veröffentlicht oder auf Kongressen vorgetragen.
Die Frage ist lediglich, ob jeder alles verstehen kann? Ich bin da skeptisch. Auszug aus dem DHV Newsletter von gestern:

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek hat angekündigt, dass die Wissenschaftskommunikation einen größeren Stellenwert bei der Vergabe von Forschungsmitteln einnehmen soll. In einem Gastbeitrag für die “Zeit” stellt Karliczek das Ziel eines Grundsatzpapiers ihres Ministeriums vor, nach dem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler “in ihren Projekten die Kommunikation von Anfang an mitdenken und Ressourcen dafür einplanen” sollten. Es sei an der Zeit, “konkrete Anreize für mehr Kommunikation im Forschungsalltag zu geben”. Die Ministerin kündigte an, dass es eine Plattform zur Evaluation der Wissenschaftskommunikation geben solle. Zudem werde sie eine Denkwerkstatt “#FactoryWisskomm” ins Leben rufen, die Selbstverpflichtungen der Wissenschaft erarbeiten solle. Wissenschaftskommunikation solle “endlich zur Chefsache in den Wissenschaftseinrichtungen” werden, so die Ministern weiter.

Wen interessiert schon der Forschungsalltag? Wir brauchen valide Ergebnisse und zwar dringend in vielen Bereichen. Mit begrenzten Ressourcen wäre es sinnvoller, das Geld in Personal und Ausstattung zu stecken. PR Abteilungen gibt es genügend, was fehlt sind mehr Postgraduierten Studiengänge zu Wissenschaftsjournalismus und damit Wissenschaftsredaktionen, die nicht auf jede PR und auf jede Stimmung hereinfallen, wie an dem berühmten “6000 Tote”-Beispiel zu sehen war.

Ansonsten sind wir auf dem besten Weg, dass bald 80% in den Overhead gehen, wenn wir auch noch die “Kommunikation von Anfang an mitdenken” sollen. Die EU macht es vor mit unzähligen Auflagen zu Timesheets, A1 Formularen, Equality, Ethik, SMEs, GDPR, Communication, Progamm Management … Fakt ist doch, dass es viel zu viele prekäre Arbeitsplätze in der Wissenschaft gibt.

Es gab im übrigen auch empirische Untersuchungen zu dem Thema vor mehr als 10 Jahren (Small 2007)

This study aims at exploring and explaining scientists’ responses to calls for increased dialogue and engagement with the public on the social and ethical implications of scientific research. Findings are presented from interviews with scientists regarding their views on the democratization of sci- ence and on the impacts of the increasing commercialization of science. Scientists supported the democratization of science but were divided on the extent of the public’s role.

Die Reaktion auf den Vorschlag fällt somit auch vernichtend aus.

Der Deutsche Hochschulverband hat die Newsletter-Leserinnen und -Leser im November gefragt, ob sie es für eine gute Idee halten, dass Bundesministerin Karliczek Wissenschaftskommunikation zum Kriterium für Forschungsförderung erheben will. 98,5 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer antworteten mit Nein und 1,5 Prozent mit Ja.

 

CC-BY-NC Science Surf accessed 07.11.2025

Can you buy impact?

Yes you can. Only recently I came across an incredible example how a university has been pushing the own “impact”. It is the astonishing story of the King Abdulaziz University ( detected by Bits of DNA ) and goes back to an earlier Science article

In 2011 Yudhijit Bhattacharjee published an article in Science titled “Saudi Universities Offer Cash in Exchange for Academic Prestige” that describes how KAU is targeting highly cited professors for adjunct faculty positions.

Looks like the professional football league. If you do have a lot of money you can pay for whatever player you need for your club. There is, however, a big difference: As a player you have to show up on tht football field, as a scientist you just have to drop your name somewhere.

 

CC-BY-NC Science Surf accessed 07.11.2025

Wie mit Wissenschaftsleugnern umgehen?

Hier eine Reihe von Link Tipps (eine Zusammenfassung aus der Scientists for Future Mailing Liste mit eigenen Ergänzungen).

Fakten zählen leider hier wenig, dennoch die Sache ist nicht ganz hoffnungslos, wenn man sich die Quellen ansieht, mehrfach Rollenspiel durchgeht, am besten einen Knopf im Ohr hat mit Supportern im Publikum.

 

CC-BY-NC Science Surf accessed 07.11.2025

Organized ! Scepticism !! 2019 !!!

Here is the original 1942 text (“The Normative Structure of Science”) with an excerpt the 4th norm as found at panarchy.org/merton/science.html

As we have seen in the preceding chapter, organized skepticism is variously interrelated with the other elements of the scientific ethos. It is both a methodological and an institutional mandate. The temporary suspension of judgment and the detached scrutiny of beliefs in terms of empirical and logical criteria have periodically involved science in conflict with other institutions. Science which asks questions of fact, including potentialities, concerning every aspect of nature and society may come into conflict with other attitudes toward these same data which have been crystallized and often ritualized by other institutions. The scientific investigator does not preserve the cleavage between the sacred and the profane, between that which requires uncritical respect and that which can be objectively analyzed.

As we have noted, this appears to be the source of revolts against the so-called intrusion of science into other spheres. Such resistance on the part of organized religion has become less significant as compared with that of economic and political groups. The opposition may exist quite apart from the introduction of specific scientific discoveries which appear to invalidate particular dogmas of church, economy, or state. It is rather a diffuse, frequently vague, apprehension that skepticism threatens the current distribution of power. Conflict becomes accentuated whenever science extends its research to new areas toward which there are institutionalized attitudes or whenever other institutions extend their control over science. In modern totalitarian society, anti-rationalism and the centralization of institutional control both serve to limit the scope provided for scientific activity.

Note also the footnote as the text was written in 1942 only. By 1948, the political leaders of Soviet Russia strengthened their emphasis on Russian nationalism and began to insist on the “national” character of science.
The Merton text contains perfect predictions of what is currently going on with the Scientists for Future movement – conflict becomes accentuated whenever science extends its research to new areas invalidating particular dogmas of church, economy, or state. If organized scepticism is an integral part of the scientific method (which I believe) conflicts are preordained.

 

CC-BY-NC Science Surf accessed 07.11.2025

Zur Neutralität von Wissenschaft

Peter André Alt in einem Gastbeitrag  für den Tagesspiegel

Wissenschaft produziere Erkenntnisse, keine Meinungen […] Und Universitäten obliege es primär, diese Erkenntnisse in Lehre und Forschung zu ermöglichen.
Es lässt sich nicht bestreiten, dass wissenschaftliche Einsichten gesellschaftliche Prozesse beeinflussen können. Ja, es ist auch denkbar, dass sie selbst zum Gegenstand von Meinungsstreitigkeiten werden – in den jeweiligen Disziplinen ebenso wie unter Laien. Aber es wäre fatal, wenn man Wissenschaft gleichsam programmatisch darauf ausrichtete, die Lebenswelt direkt zu lenken oder politische Debatten zu befeuern.
[…]  für ihre Fragestellungen, Methoden und Lösungsangebote ist nichts fataler als eine Funktionalisierung im Dienste sei es noch so ehrenwerter gesellschaftlicher Zwecke. Spätestens dann, wenn diese Zwecke nicht mehr ehrenwert sind, wird erkennbar, dass die Subordination der Wissenschaft unter politische Programme zu gefährlichen Konsequenzen führt.

Wer wird da nicht zustimmen wollen?

 

CC-BY-NC Science Surf accessed 07.11.2025

Performance management has long contributed to ill health in researchers

… which is the legend to a picture in Nature’s 13th Nov editorial accompanying their recent survey of 6,000 graduate students.

I’m concerned about the very competitive nature of early-career scientists. At some institutions people are very cut-throat rather than being supportive of colleagues.”

Only 44% are satisfied with the decision to pursue a PhD.

I wonder if these are the same 38% who expected an intellectual challenge (those students we are most interested in)?

The full dataset is online.

list.of.packages <- c("ggplot2", "openxlsx")
lapply(list.of.packages, require, character.only = TRUE)
tmp <- tempfile()
download.file("https://ndownloader.figshare.com/articles/10266299?private_link=74a5ea79d76ad66a8af8",tmp)
unzip(tmp,exdir="/Users/wjst/Desktop")
unlink(tmp)
phd <- read.xlsx("/Users/wjst/Desktop/Nature_PhD survey_Anon_v1.xlsx", sheet = "Cleaned data - anonymised", startRow = 1, colNames = TRUE, rowNames = FALSE, detectDates = TRUE, skipEmptyRows = TRUE, skipEmptyCols = FALSE, rows = c(1,3:6811), cols = NULL, check.names = FALSE)
# the word documentation has wrong variable names!
phd[phd$Q28=="No" & !is.na(phd$Q28),"Depressed"] <- c(0)
phd[phd$Q28=="Yes" & !is.na(phd$Q28),"Depressed"] <- c(1)
ggplot(data = phd) +
  geom_mosaic(aes(x = product(Q17, Q19.a) ), na.rm=TRUE, fill="blue")

Good to see that “intellectual challenge” and “high satisfaction” occupies the largest area. But who is getting ill?
(TBC)

 

CC-BY-NC Science Surf accessed 07.11.2025

Doktorarbeit zu kaufen gesucht

Mit immer mehr Hochschulabsolventen steigt auch der Betrug um die Promotionen, so Nature in der letzten Woche mit einem Beitrag von Tracey Betrag, der Autorin des “Academic Integrity Handbook“.

Stories of students paying others to do their work come from all around the world. In the 2015 MyMaser scandal in Australia, hundreds of students who were enrolled in more than a dozen universities paid a total o f at leas US$160,000 ‘service’ that provided ghost-written essays and responses to online tests. In 2018, YouTube stars on more than 250 channels received money for promoting a cheating service called EduBirdie. Similar companies have been uncovered in the United States and elsewhere.

Ihre Schätzung:  6% der Doktoranden betrügen. Und auch ein  weiteres Review ist  der Meinung, dass der Betrug inflationär zunimmt.

Auf Deutsch heisst das dann auf wenig verschleiernd Beratung, Korrektur, Lektorat, Feedback, Weiterbildung – seit dem Urvater “Dr. Frank Grätz” (den es aber in der Form seit 2008 nicht mehr gibt), hat sich nicht viel geändert, ausser dass die Preise deutlich gestiegen sind.

Dilettiere mit uns.
Ist Promocode hier ein unfreiwilliges Wortspiel?
wir verfassen keine Plagiate, wir verfassen Falsifikate
Beachten Sie bitte, dass wenn Ihre Arbeit einen praktischen Teil, eine Auswertung (statistische oder qualitative), eine empirische Untersuchung oder einen Zugang zu spezifischen Programmen, Büchern oder Databasen (sic!) beinhalten muss, wenden Sie sich bitte erst an Support (sic!)
Ist das ein Schreibfehler? Scientia?

 

CC-BY-NC Science Surf accessed 07.11.2025

Nahtod (Bewusstseinsmodelle V)

Interessant wäre es, sich dazu einmal die Nahhtod Forschung anzusehen, zumal es ganze Webseiten dazu gibt, wie die Near Death Experience Research Foundation. Hinter dem hochtrabenden Namen verbergen sich allerdings nur Erfahrungsberichte, die wenig objektivierbar sind. Es gibt – wie sollte es auch – keine prospektive Studie und schon gar keine Interventionsstudie.

Long hat mit den Büchern Evidence for the Afterlife und God and the Afterlife allerdings Bestseller geschrieben, so manipogo

Jeffrey Long legt jedem, der eine Nahtod-Erfahrung gemacht hat, 140 Fragen vor. Die Ergebnisse hat er aufgeschlüsselt. Da gibt es zum Beispiel 22 Nahtod-Erfahrung in Vollnarkose. Diese Leute berichteten von Bildern und Dialogen, die sie mitgekriegt hatten. Sollte es nicht geben. »Absolut unerklärlich«, sagt Doktor Long.

Aber das ist alles so eine Sache, vom einfachen Schwindel, bis zur Hypoxie des Gehirns oder dem implantierbaren Gedächtnis.


Nahtod ist eben nicht Tod.  Objektivierbare Verfahren sind jedenfalls gescheitert, so  “Militant Agnostic

In 1907 a Massachusetts physician named Duncan MacDougall tried to find out by weighing six dying patients before and after their death. He reported in the medical journal American Medicine that there was a 21-gram difference. Even though his measurements were crude and varying, and no one has been able to replicate his findings, it has nonetheless grown to urban legendary status.

 

CC-BY-NC Science Surf accessed 07.11.2025

How to recognize a predatory journal

There is a lot of  information out there, how to recognize a predatory journal (PJ), so there is no need to build an own list here. Just see the warning signs at instr.iastate.libguides.com/predatory/id or the 25 crits at tressacademic.com/identify-predatory-journals. PJs are big problem now, as they already entered Pubmed and even reputed journals can become a PJ over time. As a basic reference I would use the (outdated) Beall’s list and cross check with Thomson Reuters ISI listing. PJs do not behave like a normal journal – see also the 96 things publishers usually do.

 

CC-BY-NC Science Surf accessed 07.11.2025

Can a research school replace the former role model of a professor?

Nature yesterday about cheating students and misconduct

Institutions need to stop treating education as a product and refrain from determining the value of research by the amount of funding received or the number of papers produced. Instead, they should focus on building academic cultures that are committed to integrity and that place abiding faith in the value of knowledge creation.

 

CC-BY-NC Science Surf accessed 07.11.2025