Category Archives: Theology

Der heilige Rest

Heribert Prantl zu dem Katholikentag morgen

Ich bin sehr katholisch aufgewachsen, war Ministrant in einer Zeit, in der man den Pfarrer noch mit “Hochwürden” anredete… Diese Zeit ist vorbei. Seit den sogenannten Missbrauchsskandalen ist es sogar umgekehrt: Die Unwürdigkeit der Person erfasst das Amt, die Gemeinheit des Amtsträgers entehrt die katholische Kirche … Und so sind zahllose untadelige, hochengagierte Seelsorger und Jugenderzieher unter Generalverdacht geraten. Und das ist nichts, was evangelische Christen klammheimlich freuen kann; denn dieser Generalverdacht infiziert alles Kirchliche. Es gibt hier längst die oft herbeigebetete Gemeinschaft der Kirchen, eine Art Ökumene im Negativen.

Und Herder schickt mir heute eine Werbung für “Eine Kirche für viele statt heiligem Rest” von Flügge und Holte

Wer zahlt, schafft an. Heißt es. Nur in der Kirche nicht. Da bezahlen 90 Prozent das, was 10 Prozent wollen und nutzen – ein Fakt, der Kirche ad absurdum führt. Von dieser Diagnose ausgehend zieht Bestsellerautor Erik Flügge zusammen mit David Holte, der selbst aus der Kirche ausgetreten ist, messerscharf Konsequenzen.

 

 

CC-BY-NC Science Surf accessed 02.11.2025

Marx widerspricht Bedford-Strohm widerspricht Söder

Beginnen wir mit http://www.sueddeutsche.de/bayern am 25. April 2018

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, begrüßt das Vorhaben. Er freue sich, wenn auch in der Öffentlichkeit Kreuze sichtbar seien, sagte Bedford-Strohm, der auch bayerischer Landesbischof ist, der Nachrichtenagentur epd. “Religion lässt sich nicht in die Privatsphäre verbannen.” Zugleich warnte er, das Symbol für politische Zwecke zu missbrauchen. Kreuze seien eine Art öffentlicher Selbstverpflichtung auf das, was den Inhalt des Kreuzes ausmacht: Humanität, Nächstenliebe, Menschenwürde.

und setzen fort mit http://www.sueddeutsche.de/bayern am 29. April 2018

Kardinal Reinhard Marx, der Chef der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, kritisiert Bayerns Ministerpräsident Markus Söder für dessen Kreuz-Erlass scharf. Es sei “Spaltung, Unruhe, Gegeneinander” entstanden, sagte Marx im Interview mit der Süddeutschen Zeitung. “Wenn das Kreuz nur als kulturelles Symbol gesehen wird, hat man es nicht verstanden”, sagte der Erzbischof von München und Freising. “Dann würde das Kreuz im Namen des Staates enteignet.” Es stehe dem Staat nicht zu, zu erklären, was das Kreuz bedeute.

Zum Glück widerspricht hier Marx. Das hätte er wohl auch besser schon auf dem Tempelberg 2016 getan, wo beide schon einmal in das Kreuzfeuer geraten sind.

Bedford-Strohm denkt dann am 10. Mai 2018 in der FAZ nach und macht in einem zusammenhanglosen Selbstgespräch dann eine “Identitätsdebatte der Kirche” aus. Und bleibt wie üblich nichtssagend

Die aus meiner Sicht einzig wirklich tragfähige Handlungsoption nenne ich den öffentlich orientierenden Umgang. Eine Demokratie lebt davon, dass von der Glaubens- und Gewissenfreiheit Gebrauch gemacht wird und in den schwierigen gesellschaftlichen Orientierungsfragen die starke Stimme religiösen Orientierungswissens in den öffentlichen Diskurs eingebracht wird. Dass in Deutschland, und vielleicht auf besondere Weise in Bayern, die Kirchen dabei eine zentrale Rolle spielen und auch das Kreuz als ihr Symbol für das Lebensgefühl der Menschen besonders wichtig ist, steht dazu nicht im Widerspruch. Wo aber eine Kultur sich durch Menschen mit zunehmend unterschiedlichen Hintergründen weiterentwickelt, müssen natürlich auch andere mit dem Grundgesetz verträgliche Ausdrucksformen von Religion in der Öffentlichkeit einbezogen werden.

Es sekundieren auf einer eilig hochgezogenen Webseite weniger bekannte Theologen um Wolfgang Vogl.

Die folgenden aus Bayern stammenden oder in Bayern lehrenden christlichen Theologen bekennen sich zum Kreuz in der Öffentlichkeit. Wir erklären, dass wir für jedes in öffentlichen Räumen sichtbare Kreuz dankbar sind. Denn das Kreuz steht für die in Gott gründende Würde des Menschen (vgl. Gen 1,26–27), die eines der wesentlichen Würdefundamente ist und die unsere Demokratie nicht aus sich selbst hervorzubringen vermag.

Gen 1,26 ist dann doch etwas im Thema verfehlt, reden wir nicht über Mk 15,15? Der Neutestamentler Gerd Häfner rückt das Ganze dann auch gerade

Die Unterzeichner der Theologen-Erklärung bekennen sich im ersten Satz des Textes zum »Kreuz in der Öffentlichkeit«. Bereits diese Eröffnung lässt erahnen, dass die Problemstellung der Diskussion der letzten Tage nicht präzise erfasst wird. Es ging nicht darum, ob Kreuze in der Öffentlichkeit ihren Platz haben sollen oder dürfen. Zur Debatte stand und steht die Anordnung des Ministerpräsidenten zur Anbringung von Kreuzen in Behörden der bayerischen Staatsverwaltung.

genauso wie der Verfassungsrichter Dieter Grimm, der es auf den Punkt bringt “Das Kreuz steht für den Opfertod Christi” und nicht für die “geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns“. Seine Rechtsauffassung über die neue bayerische Kreuz-Pflicht ist eindeutig: Verfassungswidrig!

Zu Pfingsten 2018 führt dann in der Bischofskirche St. Matthäus Bedford-Strom eine neue Variante ein. Ein nicht religiöser Geist für Deutschland, der von öffentlich rechtlichen Kreuzen ausgestrahlt wird? Ist das nicht lupenreiner Okkultismus?

Er wünsche sich jenseits der jeweiligen religiösen oder weltanschaulichen Überzeugungen, die die Bürger haben, einen Geist für Deutschland, sagte Bedford-Strohm weiter. “Und wenn das Kreuz in öffentlichen Gebäuden hängt, dann ist das dieser Geist, den es ausstrahlen soll.” Vor diesem Geist müsse niemand Angst haben. Er könne Juden, Christen und Muslime zusammenführen und die unseligen Identitätsdebatten überwinden, “in denen man versucht, die eigene Identität durch die Abwertung der anderen zu stärken”.

Nicht unerwartet dann evangelisch.de am 29.5.2018 mit dem Statement von Friedrich Wilhelm Graf (ebenfalls lesenswert “Es gibt keine christliche Politik“)

Der EKD-Ratsvorsitzende … habe sich … von der “einseitigen Okkupation des zentralen christlichen Symbols durch die Politik” distanziert, resümiert Graf. Doch auf “trennscharfe theologische Begriffe scheint er in Sachen ‘Kreuz’ verzichten zu wollen”, wirft Graf dem Ratsvorsitzenden vor. Bedford-Strohm habe sich theologisch “irritierend unklar” geäußert.
Anders sei die Reaktion einiger katholischer Geistlicher in Bayern ausgefallen, so Graf mit Blick auf die Äußerungen des Bamberger Erzbischofs Ludwig Schick und des Vorsitzenden der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx. Lutherische Protestanten erlebten “nun einen Kardinal, der den religiösen Eigensinn des Kreuzes ungleich entschiedener verteidigt als ihre eigene Kirchenführung”, schreibt Graf.

“Irritierend unklar”, nach genau diesem Begriff habe ich gesucht. Interessant auch in dem Zeitzeichen Beitrag der Beitrag von Susanne Breit-Keßler mit protestantisch korrektem Doppelnamen auch ständige Vertreterin des Landesbischofs

Das Kreuz erinnert daran, daß der wahre Gott sich als wahrer Mensch offenbart

An den Kreuzen von Golgotha sind doch drei Menschen gestorben, oder? Eine Offenbarung wäre für mich etwas anderes . Ihre Aussage

Ich freue mich darüber, wenn politisch Verantwortlichen sich bewusst unter das Kreuz stellen.

ist dann auch nicht so recht nachvollziehbar. Sich freuen? An dem barbarischen Akt? Oder sich freuen, dass das Kreuz von Politikern für reichlich unchristlichen Ziele instrumentalisiert wird?
Es wäre besser gewesen, wenn jemand anderes die Frage von Graf beantwortet hätte:

Tut es dem Christentum im Land gut, wenn sich der Staat seines Zentralsymbols bedient? Oder wird durch inflationäre Aufhängung das Kreuz nur entwertet?

 

CC-BY-NC Science Surf accessed 02.11.2025

Alles gegen deinen Willen

Awot 4,29: „Gegen deinen Willen wurdest du erschaffen, gegen deinen Willen lebst du, gegen deinen Willen wirst du sterben, und gegen deinen Willen wirst du dereinst Rechenschaft und Rechnung ablegen vor dem König der Könige , dem Heiligen, gelobt sei er.“

 

CC-BY-NC Science Surf accessed 02.11.2025

Nachrichten aus der evangelikalen Welt

Dass die katholische Kirche jahrelang pädophile Priester geduldet hat, ist erschütternd.

Nun kam mehr beiläufig heraus, dass auch der Evangeliumsrundfunk ERF in Wetzlar über längere Zeit einen pädophilen Mitarbeiter nicht nur gedeckt, sondern sogar befördert hat.  Auch wenn seit heute morgen die damalige Pressemitteilung des ERF über die Ernennung von Markus M. nicht mehr abrufbar ist (nur noch bei pressesprecher.de und idea. de), so wurde vom ERF stolz die Industrieerfahrung von Markus M. bei Coca-Cola und Microsoft hervorgehoben, Motto ist egal, ob man den Menschen den rechten Glauben oder Coca Cola verkauft. Was die Anschuldigungen angeht, ist es nun Sache der Staatsanwaltschaft, ein Ermittlungsverfahren durchzuführen.

Nicht ganz so egal, ist der Umgang des spendenfinanzierten ERF (15 Million jährlich), wenn er zwei langjährige Mitarbeitern in die Kündigung treibt, weil sie ERF interne Vorgänge recherchiert haben.

Vorstandsvorsitzender von ERF Medien ist Jörg Dechert, ein Physiker, der auf pixelpastor.com als Pseudopastor seine moralischen Werturteile verbreitet. Auf idea Nachfrage will er sich allerdings nicht zu dem aktuellen Fall äußern, da es sich um ein laufendes Verfahren handeln würde. Ist die ganze Welt nicht ein laufendes Verfahren? Und ist ihr letzter Blogeintrag nicht etwas zynisch, Herr Dechert: “Selig sind, die da Leid tragen, denn sie sollen getröstet werden”?

Interessant auch das Zitat Dechert in Willow Creek Magazin 3/17 über Bill Hybels “Hier sieht man, wie viel man erreichen kann, wenn man einfach an seiner Überzeugung festhält. Wir brauchen in Deutschland glaubwürdige Organisationen, und Leiter, die das verkörpern und glaubensvoll agieren.” Hybels ist mittlerweile wegen der Anschuldigung sexueller Belästigung zurückgetreten, nachdem er zunächst alles als “flat out lies” bezeichnet hat. Nein, Herr Dechert, solche Organisationen brauchen wir nicht und schon gar nicht solche Leiter.

Nachtrag 19.5.2019

Wie man sein Versagen als positive Eigenschaft verkauft

Die Mitarbeiterin – eine zweifache Mutter, die seit 1990 beim ERF beschäftigt ist – kann ihre Arbeit „in Kürze“ wieder aufnehmen, teilte der Vorstand von ERF Medien in einer Pressemitteilung am 18. Mai mit. Man habe sich entschieden, die Weiterbeschäftigung der Mitarbeiterin „insbesondere als Zeichen christlicher Versöhnung und als Auftakt für eine interne Aufarbeitung zu sehen“, sagte der Vorstandsvorsitzende Jörg Dechert.

 

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Fuzzies

Presseschau: Die Wirtschaftswoche übersetzt den Begriff in einem lesenswerten Artikel

Für ethische Fragen, soziale Normen, regionale Unterschiede bleibt [Facebook] bei solchen Pitches meist keine Zeit. „Fuzzies“ werden Studierende der Geisteswissenschaften in Stanford genannt, also „Leichtgewichte“. Es ist dort eine gefährliche Aufputschkultur entstanden, der mitunter jegliche funktionierende Mechanismen für eine Korrektur fehlen.

Das passt zu dem Nature Thema heute “how philosophy was squeezed out of the PhD

The process started in the early 1970s in the United States, prompted by a suspicion that intellectual artefacts of the ‘soft’ sciences, as they were then called — such as sociology, anthropology and philosophy — were stimulating campus unrest.This conveniently dovetailed with the idea that if industry outsourced its research and development departments to universities by setting (and funding) curricula, then students would have ready-made jobs in industry on graduation.

Zum Studium braucht man kein Abitur mehr. So passt die mangelnde Studienreife perfekt in das Bologna System, führt über die Graduate Schools zu den Lidl Professoren und der neuen Bildungsministerin

Zum Thema Bildung war von ihr bislang wenig zu lesen. Das Amt scheint sie vor allem bekommen zu haben, weil sie eine Frau und katholisch ist – und aus Nordrhein-Westfalen kommt.

 

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Ethik ohne Ethiker

Die Zeiten sind eigentlich vorbei, in denen Nobelpreisträger qua ausgezeichnetem Verstand über die Welt räsonierten. Oder die Zeiten, wo man gerade mal so nebenbei eine Ethik auf den Markt wirft.
Vorteile hat es allemal. Man kann kostengünstig von aktuellen Problemen ablenken, Freiräume schaffen und nebenbei auch noch Akzeptanz promoten, man ist politisch engagiert.
Worum es geht? Ein Wissenschaftskodex, so nebenbei auf dem Weltwirtschaftsforum erstellt. Continue reading Ethik ohne Ethiker

 

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Forschung in verantwortungsethischer Perspektive

Am 12. und 13. Januar 2018 fand in der evangelischen Akademie Loccum ein Symposium zur Forschungsethik statt. Trotz des sperrigen Titels, die Ankündigung war spannend:

Wie finden wir in den Lebenswissenschaften wieder zu einer kühneren Forschungskultur, die gleichzeitig stärker verantwortungsbasiert arbeitet? Diese Frage steht deshalb im Zentrum der Tagung, weil heute ein hoher Leistungs- und Produktivitätsdruck die Forschung belastet und damit Qualitätsprobleme provoziert. Das hat zu einem dramatischen Seriositätsverlust in der Erarbeitung, Bewertung und Darstellung von Forschungsergebnissen geführt.
Während der Tagung wird nach Wegen gesucht, diesem Missstand wirkungsvoll entgegen zu treten: Wissenschaftler mit langjähriger Forschungserfahrung, wissenschaftlicher Nachwuchs, Experten entsprechender Bereichsethiken und hochschulpolitische Administrationen sind gefragt.
Welche Herausforderungen drohen die Erzielung verlässlicher Forschungsergebnisse zu verhindern? Welche zentralen Eckdaten kennzeichnen eine produktive Forschungskultur? Welche forschungsethischen und forschungsrechtlichen Rahmenbedingungen sind von Belang? Wie kommen hier Digitalisierung, Big Data und Verfahren wie die Bibliometrie ins Spiel?
Vor diesem Hintergrund: Wie kann es gelingen, angemessene Freiräume für forschende Kreativität mit Mut zum Risiko zu stärken? Wie kann Originalität und Nachhaltigkeit von Forschung gegenüber purer Publikations- und Zitationsindikatorik anerkannt werden? Was können die Hochschulleitungen und die Wissenschaftspolitik zur Unterstützung innovativer und zugleich seriöser Forschung tun?
Der Fokus wird nach einer grundsätzlichen Sichtung der Problemlagen auf den Lebenswissenschaften, insbesondere auf den medizinischen Fächern liegen. Ein generationen­übergreifender Austausch zwischen arrivierter Forschung und wissenschaftlichem Nachwuchs ist ausdrücklich erwünscht!

Hier ist mein Mitschrieb ohne Gewähr, solange es kein offizielles Protokoll gibt. Eröffnet wurde die Tagung von Henrike Hartmann (Volkswagen Stiftung) sowie Stephan Schaede (Akademie Loccum).

Henrike Hartmann, VolkswagenStiftung

Stephan Schaede, Akademie Loccum

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Grundannahmen zu Religiosität und Spiritualität in Psychiatrie

Die neueren Empfehlungen zum Umgang mit Religiosität und Spiritualität in Psychiatrie und Psychotherapie (Utsch, et al.) haben die folgenden Grundannahmen

* Religiosität und Spiritualität werden als anthropologische Universalien angesehen. Sie gehören zum Menschsein und sind im Rahmen einer ganzheitlichen Betrachtung zu würdigen – unabhängig von einem möglichen Einfluss auf Gesundheitsoutcomes oder auf die Effizienz therapeutischer Interventionen.
* Religiosität und Spiritualität sind sowohl beim Patienten als auch beim Behandler identitätsbildend. Dies wird in existenziellen Krisen und Grenzsituationen besonders deutlich, aber auch in Momenten der Sinnerfülltheit und Lebensphasen existenzieller Indifferenz.
* Religiosität und Spiritualität sind als persönliches Sinnsystem und kulturbildende Einflussfaktoren in der Psychotherapie wahrzunehmen und zu würdigen. Aufgrund der Berufsethik sind Psychiater und Psychotherapeuten verpflichtet, ihre Patienten zu achten, unabhängig insbesondere von Geschlecht, Alter, sexueller Orientierung, sozialer Stellung, Nationalität, ethnischer Herkunft, Religion oder politischer Überzeugung.

Das hört sich nun ganz anders an, als was man so alles zu dem Thema “Gotteswahn” finden kann.

 

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Godspeed

Godspeed, God spede (“may God cause you to succeed”) is the end of Obama’s letter to his successor

we are just temporary occupants of this office

which is taken from the new testament as well

For here we have no lasting city, but we seek the city that is to come

 

CC-BY-NC Science Surf accessed 02.11.2025

Evangelikale und die AfD

Michael Herbst schreibt im Deutschen Pfarrerblatt

Natürlich gibt es die Liaison zwischen dem theologisch Konservativen und dem politisch eher nach rechts neigenden Lager. Für viele Fromme war und ist die Union politische Heimat, ob es die AfD ist oder wird, kann ich noch nicht einschätzen. Liane Bednarz hatte in der FAZ starke Verbindungen zwischen konservativ-katholischen und evangelikalen Christen und der AfD, insbesondere Beatrix von Storch nachweisen wollen …

Der Nachweis ist doch längst gegeben, nicht nur durch Liane Bednorz oder Michael Schmidt-Salomon, selbst der AfD Fraktionsvorsitzende Jörg Meuten bestätigt dies

Gute Kontakte gibt es Meuthen zufolge dagegen zwischen AfD und konservativen Christen, etwa evangelikalen Strömungen, die eine konservative Bibelauslegung vertreten. Diese Kontakte seien aber nicht institutionalisiert, sagte er.

Was “Christen in der AfD” in ihrem Grundsatzprogramm schreiben, ist nicht nur schwammig areligös sondern haarscharf verfassungsfeindlich

Insofern ist in der Demokratie weniger das technische Regelwerk entscheidend, nach dem Entscheidungen getroffen werden, sondern vielmehr das sittliche Fundament, auf dessen Grundlage die Bürger ihre Entscheidungen treffen. Ohne dieses sittliche Fundament kann auch eine Demokratie unmittelbar in die Barbarei führen.

Bei Schnabel, Vermessung des Glaubens (Blessing 2008) ist unter “Autoritäre Charakter” ab S.138 längst auch der Mechanismus erklärt. Es ist der gleiche bei amerikanischen und deutschen Evangelikalen

Es lohnt sich daher, noch ein wenig bei den schon etwas älteren Untersuchungen zu verweilen. Sie lehren nämlich auch, dass der kurvilinearc Zusammenhang nicht in jedem Falle gilt. Manche
 Korrelationen sind durchaus linear, das heißt: Je frommer (oder religiöser) die betreffenden Personen sind, umso deutlicher tritt eine bestimmte Eigenschaft hervor. Das gilt besonders für jene Charakterzüge, die Forscher unter der Sammelbezeichnung der „autoritären Persönlichkeit“ dargestellt haben. Dieser Begriff, der im Wesentlichen auf Theodor W. Ador­nos Studie „The Authoritarian Personality“, aus dem Jahr 1950 zu­rückgeht, umschreibt ein Set von Persönlichkeitseigenschaf­ten, die ein Potenzial für antidemokratische und faschistische Einstellungen und Verhaltensweisen darstellen. Die Ich ­schwa­che, autoritäre Persönlichkeit ist demnach gekennzeichnet durch Unterwürfigkeit gegenüber idealisierten Autoritäten der Eigen­gruppe, durch Misstrauen udn Feindseligkeit gegenüber Andersdenkenden und eine Tendenz, Verstöße gegen die herrschende Moral zu ahnden … Im Zuge solcher Untersuchungen wurden immer wieder Zusammenhänge zwischen Autoritätsgläubigkeit und ausgeprägter Frömmigkeit gefunden. Das gilt vor allem für Gläubige, die als „religiös orthodox“ beschreiben werden können …, die also ein bestimmtes (meist in sich geschlossenes) Glaubenssystem streng vertreten und jegliche Abweichung davon verdammen.
Am deutlichsten hat dies vielleicht der Neuropsychologe Elbert W. Russell formuliert, der Anfang der Siebzigerjahre im Auftrag des Kanadischen Friedensforschungsinstituts sämtliche bis dahin vorliegende (nordamerikanischen) Untersuchungen über den Zusammenhang von christlichen Überzeugungen und politischen Einstellungen analysierte. Sein Ergebnis: „Je strenger religiös und je orthodoxer eine Person oder Gruppe ist, desto militaristischer werden ihre Einstellungen wahrscheinlich sein.“ Strenggläubige Christen erwiesen sich in nahezu allen Studien konservativer als der Durchschnitt; sie befürworten eher harte Strafen für Gesetzesbrecher, engagierten sich seltener in Friedensdiensten und wiesen eine hohe Bereitschaft zu Antisemitismus, Voreingenommenheit (Ethnozentrismus) und anderen Vorurteilen auf. Russell ­ der selbst der pazifistischen Quäker­-Sekte an­gehört , sprach in diesem Zusammenhang gar von einem »autoritär­punitiven« Komplex, dessen Ursache er in jenem strengen, strafenden Gottesbild sieht, das im Alten Testament vermittelt wurde und dem manche Kirchen noch immer an­ hängen. »Die Früchte des Christentums«, so notierte Russell erstaunt, entsprächen »offenbar dem genauen Gegenteil seines Ideals der Liebe.«
Symptomatisch dafür waren zum Beispiel die Kommentare von Pastoren, die nach ihrer Haltung zum Vietnamkrieg be­fragt wurden. Zwar waren 85 Prozent der Geistlichen der Ansicht, dass Krieg gegen den Willen Gottes sei; aber die For­derung, »Christen sollten auf Beendigung der Feindseligkeiten drängen, falls nötig sogar zu den Bedingungen des Feindes« unterstützten nur 15 Prozent. Viele Pastoren erklärten diesen Widerspruch damit, dass Kommunisten ja Atheisten seien, und man daher mit ihnen nicht auf christliche Weise umgehen kön­ne. Man müsse im Gegenteil mit den Kommunisten »in deren eigener Sprache« sprechen (im Klartext: sie in Grund und Boden bomben).

das “Georg Klein Manöver

Auch der kanadische Psychologe Robert Altemeyer, der über einen Zeitraum von zwanzig Jahren die Beziehung zwi­schen Religion und autoritären Einstellungen untersucht hat, gelangt zu dem eindeutigen Ergebnis: »Wer autoritätsgläubig ist, tendiert dazu, religiös zu sein und umgekehrt.« Dass sich dabei die höchsten Korrelationen ausgerechnet bei strenggläu­bigen Christen finden, sei »besonders ironisch«, schreibt Alte­meyer, »da die Evangelien Jesus von Nazareth vor allem als je­mand schildern, der tolerant und vergebungsbereit ist und eine Botschaft universeller Liebe predigt«.

 

CC-BY-NC Science Surf accessed 02.11.2025

Alles wird gut?

Brigitta Bernet hat eine exzellente Übersicht über das Positive Denken, die Glücksbewegung, ihre Geschichte, eine Bestandsaufnahme und eine fundierte Kritik.

Noch nie war das Universum so erfüllt von positivem Denken wie heute. Der organisierte Optimismus erreicht uns nicht nur am Kiosk, wo neue Lifestyle-Magazine wie „Happinez“ oder „Flow“ sich für mehr Dankbarkeit und weniger Jammern aussprechen. Auch die Wirtschaft interessiert sich für das Glück. Während die Firmenbelegschaft Coaching- und Motivationskurse besucht, muss das Management in „Positive Leadership“-Seminaren lernen wollen, die Unternehmenskultur auf markttaugliche Selbstbehauptung umzustellen. Im gleichen Mass, wie Stellenabbau, Lohnsenkungen und prekäre Arbeitsverhältnisse um sich greifen, forciert die Unternehmenswelt eine Kultur des Lächelns. Veränderungen bis hin zur Entlassung werden als Chance dargestellt, an der man „wachsen“ kann

Dass die ganze Bewegung etwas tumb ist, versteht sich von von selbst,  da doch die Wirklichkeitsflucht zum Programm erklärt wird. Aber es ist nicht nur die Verwissenschaftlichung des positiven Denkens, das positive Denken selbst greift auch im Wissenschaftsmanagement immer weiter um sich, Programme “nach Massgabe der globalen Marktwirtschaft” zu generieren.

Interessant an dem Essay ist dabei auch der Bezug zu dem New Yorker Pastor Norman Vincent Peale

Seiner Ansicht nach verfügte der Mensch über weit mehr – gottgegebene – Potentiale als die Sozialprogramme des New Deal glauben machen wollten. Und genau diese individuellen Ressourcen wollte sein Christentum stärken. Peale, der den weltlichen Reichtum zum Zeichen göttlicher Segnung hochstilisierte, machte Arme und Unterprivilegierte für ihr Schicksal nicht nur selber verantwortlich, sondern rückte sie im Umkehrschluss gar in den Bereich des Sündigen.

Kein Wunder dass die evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen dies nicht so stehen lässt

Die Bibel unterstreicht auch die Macht positiver Überzeugungen: „Alles ist möglich dem, der glaubt“ (Mk 9,23). Aus kreuzestheologischer Sicht kommt aber dem menschlichen Scheitern ein besonderer Stellenwert zu, sodass jeglicher Triumphalismus in seine Schranken gewiesen wird.  …  christliche Grundvorstellungen von Glaube, Gebet oder Heilung [werden] zu angeblich unwiderstehlichen „Erfolgs“-Methoden verfälscht. Weil die Erfüllung christlicher Hoffnungen unter dem eschatologischen Vorbehalt steht, verbietet sich naiv-magisches Positives Denken … Dass ein Leben voller Zufriedenheit auch angesichts von Einschränkungen und Schwächen möglich ist, liegt nicht im Blickfeld der Ideologie des Positiven Denkens.

Diese eschatologische Ausrichtung -von Moltmann begründet von Pannenberg oder Johann Baptist Metz weiter getragen- begründet Hoffnung, sie braucht nicht nur vorgespielt werden im Sinn des “fake it till you make it”.

 

CC-BY-NC Science Surf accessed 02.11.2025

The source of our power

A benefit of the recent political development are  interesting articles that would not have surfaced otherwise. Here is one explaining personal and institutional power

Personal and positional power are not mutually exclusive. You can have personal power without being in a position of power and you can be in a position of power but not have personal power, but you can also have both.
You might be tempted to think that this is a Venn situation here with the sweet spot of power being the conjunction of positional and personal power, but it’s more nuanced than that. Positional power can be a crutch. It can keep someone from effectively developing personal power…
As soon as someone surrenders to the temptation to use malignant power they are exposing their lack of personal power. As they continue to resort to malignant power, it becomes increasingly obvious that they possess no personal power. This eventually spins out of control.
Like positional power, malignant power is also removable. You can’t do that with personal power because it is inherent to the individual. Generally speaking, once someone has experience or knowledge, it’s not going anywhere (barring some sort ailment or accident). So people with positional and malignant power will always feel threatened by personal power.

Another must read is theatlantic.com/magazine/archive/2017/03/how-to-build-an-autocracy/513872/

Nobody’s repealed the First Amendment, of course, and Americans remain as free to speak their minds as ever—provided they can stomach seeing their timelines fill up with obscene abuse and angry threats from the pro-Trump troll armies that police Facebook and Twitter. Rather than deal with digital thugs, young people increasingly drift to less political media like Snapchat and Instagram.
Trump-critical media do continue to find elite audiences. Their investigations still win Pulitzer Prizes; their reporters accept invitations to anxious conferences about corruption, digital-journalism standards, the end of nato, and the rise of populist authoritarianism. Yet somehow all of this earnest effort feels less and less relevant to American politics. President Trump communicates with the people directly via his Twitter account, ushering his supporters toward favorable information at Fox News or Breitbart.

 

CC-BY-NC Science Surf accessed 02.11.2025